Press-Schlag: Jantjes Millionenelf
■ Leverkusens UEFA-Cup-Gegner PSV Eindhoven hat groß eingekauft
Ob sich Titel kaufen lassen? Eine Frage, die man sich sowohl bei der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Bayer Leverkusen als auch bei der Betriebssportgemeinschaft PSV Eindhoven stellt. Der holländische Spitzenverein hat aber schon erreicht, wovon bei Leverkusen Geldkoffermann Calmund noch träumt: Einmal, wie der PSV 1988, den Europacup der Landesmeister zu gewinnen. Dazu war die BSG Energie Eindhoven insgesamt 13mal Landesmeister, allein zwischen 1986 und 1992 sechsmal. „Aber Erfolg macht blind“, meint heute PSV-Präsident Bill Maeyer, „wir waren zwar das beste holländische Team und auch in Europa Spitze, haben aber leider vergessen, daß wir uns permanent verbessern müssen.“
Das ist passiert, weil die drei großen Teams Ajax, Feyenoord und der PSV die holländische Ehrendivision zu eindeutig dominieren. Mehr als ein Drittel der Gesamtzuschauerzahl kommt zustande, wenn diese drei Teams auswärts oder zu Hause spielen. Die anderen Clubs liefern als bessere Sparringspartner permanente Abwehrschlachten, was bei den Superteams zu verbessern ist, fällt zu langsam auf.
So haben alle drei großen holländischen Klubs immer mal wieder eine Krise; die des PSV dauerte nun schon seit 1992. Das Vorjahr war besonders bitter, der PSV kassierte vor allem in der ersten Halbserie eine Schlappe nach der anderen. Erst als es gelang, Jan Wouters von Bayern München zu holen, wurde die Leistung wenigstens stabilisiert. „Jantje Beton“, so Wouters' Spitzname wegen seiner knochenunfreundlichen Spielweise, blieb selbstverständlich übrig, als die PSV- Führung mit den Versagern gnadenlos reinen Tisch machte. Mehr als ein Dutzend Spieler flog raus, ein Klassemann wie Wim Kieft beendete – kaum über 30 – gleich seine Laufbahn. Der 34jährige Adri van Tiggelen: „Die haben uns behandelt wie Schweine, die man zur Schlachtbank führt“, fluchte der zum Provinzklub Dordrecht gewechselte Ex-Nationalspieler. Präsident Maeyer verächtlich: „Der hat vergessen, was für ein Luxusleben er bei uns hatte.“
Das herrliche Stadion, es ragt direkt beim Bahnhof stolz empor, gilt der UEFA als Vorbild für das von ihr forcierte Sitzplatzkonzept. So sollen einmal alle europäischen Stadien aussehen – was wohl eine Illusion sein wird. Denn der PSV hat einen einmaligen Background. Die Hälfte der 35.000 Philips- Mitarbeiter hat eine Saisonkarte, sie können sich auf einer phantastischen Bildwand während des Spiels noch einmal die spannendsten Szenen ansehen. Die treuen Fans haben keine Lust auf Prügeleien. In luxuriösen Logen lassen sich die wohlhabenden Zuschauer verwöhnen. Geld gibt es anscheinend in Hülle und Fülle, der schuldenfreie Klub beschäftigt 100 Angestellte, darunter 50 Fußballer. Der Verkauf von Giganten wie Ruud Gullit, Ronald Koeman und Romario füllte zusätzlich die Kassen. Abgesehen von den finanziellen Zuwendungen des Philips-Konzerns ist nicht unwichtig, daß das betriebswirtschaftliche Know-how der Philips-Manager weiterhilft.
Für die neue Saison beschafften Frank Arnesen, dänischer Ex-Nationalspieler und PSV- Manager, und Trainer Aad de Mos neben dem 17jährigen Brasilianer Ronaldo, der einen prächtigen Einstand hatte, und dem Belgier Luc Nilis viele neue Spieler, aber zweifelhaft bleibt, ob deren Qualität ausreichen wird. Zwar gab man die Devise aus: „Die meisten Vereine, die sich verbessern wollen, investieren in die Defensive, wir in die Offensive“, aber Trainer de Mos sitzt wie die Fans auf einem heißen Stuhl. „Unsere große Schwäche ist die Abwehr“, meinte er schon vor Saisonbeginn. Über 100 (!) Außenverteidiger habe man gesehen oder getestet, keiner war gut genug. De Mos war sich jedoch sicher, daß sich in der Mitte Gheorge Popescu und „Jantje Beton“ gefunden hätten – den Rumänen bezeichnet er gar als seinen „Schlüsselspieler“. Aber dummerweise wechselte der 26jährige rumänische Nationalspieler just vor dem Leverkusen-Spiel zum Klinsmann-Klub Tottenham Hotspur.
Bernard Schuiteman, Holländer in Diensten von Bayer, beobachtete den PSV Eindhoven und meinte danach: „Es werden zwei schöne Spiele.“ Aber beim PSV sei ihm nur Ronaldo aufgefallen. Falk Madeja
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