■ Press-Schlag: Ein Fußballer sponsert Prohibition
SportlerInnen lassen sich sponsern. Von Firmen, deren Markenzeichen sie dafür tragen, bisweilen auch mal vom Heimatort des mehr oder weniger ruhmreichen Vereins. Daß ein Sportler allerdings seinen Heimatort sponsert, dürfte eher zu den Ausnahmen gehören. Der Ausnahmesportler heißt Jan Åge Fjörtoft und ist einer der Spitzenstars der norwegischen Fußballnationalmannschaft. Zum Jahreswechsel vermachte er seiner Heimatgemeinde Sande einen ersten Sponsorscheck über 5.000 Kronen, gut 1.000 Mark.
Dafür muß deren Bürgermeister nun nicht etwa in einem Dienstanzug mit dem Aufdruck „Fjörtoft“ und einem Fußballschlips durch die Gegend laufen. Aber ganz ohne Gegenleistung war die Spende nicht zu haben. Die bislang größte Berühmtheit, die Sande hervorgebracht hatte, will sich ein anderes Denkmal setzen: Sande soll auf Dauer trocken bleiben. Bürgermeister Arne Dyrhol: „Bedingung für die Schenkung war, daß wir keine Erlaubnis zum Alkoholausschank in unserer Gemeinde erteilen.“ Und dazu verpflichtet sich der Bürgermeister nicht nur für das Jahr 1995, sondern gleich für seine restliche Amtszeit. Fjörtoft ist überzeugter Antialkoholiker und aufgewachsen in dem Glauben: Alles Verderben kommt aus der Flasche. Durchgehalten hat er diese Einstellung nicht nur während seiner Fußballkarriere im sowieso alkoholenthaltsamen Norwegen, sondern auch während seiner Zeit als Profi im weitaus feucht-fröhlicheren Wien. Glaubwürdig beteuert er, daß ihm auch in seiner Profizeit bei Rapid Wien kein Tropfen Alkohol über die Lippen gekommen sei.
In Sande war es noch nie möglich, an Alkohol zu kommen. Zumindest nicht legal. Der Ort gehört zu einem Trockenstreifen an der norwegischen Westküste, der stark von christlichem Fundamentalismus und nahezu fanatischem Antialkoholismus geprägt ist. Es gibt kein Restaurant mit Alkoholkonzession und keinen staatlichen „Vinmonopol“-Alkoholladen. Und so soll es auch in Zukunft bleiben. Fjörtofts erster Sponsorbetrag soll in den Betrieb einer alkoholfreien Jugenddisko gehen.
Sein jetziges Engagement ist nicht die erste Gelegenheit, bei der norwegische Fußballprofis signalisiert haben, daß Sport und Alkohol – weder in Massen noch in Maßen – für sie nicht zugesammengehören. Vor der Weltmeisterschaft in den Vereinigten Staaten hatte der Fußballverband einen millionenschweren Vertrag auf dem Tisch liegen: von einer der größten Brauereien des Landes. Rune Bratseth, Kapitän und ebenfalls praktizierender Antialkoholiker, protestierte und drohte gar, die Weltmeisterschaft werde gegebenenfalls ohne ihn stattzufinden haben. Der lukrative Werbevertrag landete im Papierkorb. Reinhard Wolff, Oslo
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