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Press-Schlag„Ich weiß, daß wir Meister werden!“

■ Nach einem 13:10 hofft Schifferstadt das ewige Ringen mit Goldbach zu gewinnen

Wenn am 7. Mai die Wahlberechtigten unter den 19.000 EinwohnerInnen Schifferstadts eine neue BürgermeisterIn wählen werden, können die KandidatInnen von SPD, CDU, Grünen und Freien Wählern beruhigt aufatmen. Markus Scherer (33), zehnfacher deutscher Meister im Ringen, wird sich nicht um die Nachfolge des seit 19 Jahren amtierenden Josef Sold bewerben. Noch bleibt Scherers Metier die Matte. Im nächsten Jahr nämlich wird der VfK Schifferstadt hundert Jahre alt, und da ist Scherers Griffekunst noch gefragt auf dem langen Weg zu einem weiteren Meistertitel.

Zwar hat man den sonntäglichen Final-Hinkampf gegen den AC Bavaria Goldbach 13:10 gewonnen, doch weiß keiner, ob der Vorsprung genügen wird, der größer hätte ausfallen können, hätte sich eben jener Scherer nicht fünf Tage zuvor einen Nierenstein stationär entfernen lassen müssen. So konnte er eine 6:0-Führung gegen den Goldbacher Fuat Yildiz nicht halten. Der leicht ausflippende Yildiz verpaßte dem kleinen Pfälzer erst eine Kopfnuß, dann holte er Punkt um Punkt auf, um schließlich gegen den völlig entkräfteten und entnervten Gegner eine Zweierwertung zu erzielen. Der ewige Endkampf der letzten Jahre geriet in der Folge zur Schifferstädter Aufholjagd. Khadartsev, Miklosch und Daras sorgten für einen hoffnungsvollen 9:6-Zwischenstand.

Bei der Niederlage des Schifferstädter Rifat Yildiz gegen Weltmeister Alfred Ter-Mkrtchian wurde die Anhängerscharen beider Seiten mächtig sauer auf die „Halbgötter in Weiß“, unter denen sich zu aller Empörung gar ein Vertreter des mit dem VfK Schifferstadt verfeindeten KSV Aalen befand. Nachdem Goldbachs Weltmeister Alexander Leipold 2:0 gegen Andreas Kubiak gewonnen hatte, und andererseits Behcet Selimoglus 4:0 gegen Jürgen Scheibe lag wie vor zwei Jahren alle Last bei Claudio Passarelli, dem Schifferstädter WM-Gewinner von 1989.

Hat schon einer Schifferstädter Hausfrauen total ausflippen und die Werbebande stürmen sehen? Sie taten es, als Passarelli mit Hilfe der Mattenrichter einen 0:2-Rückstand noch in ein 3:2 umgedreht hatte, womit die Rettich- Metropole mit 13:10-Vorsprung und nicht ohne alle Chancen in den Rückkampf gehen kann. VfK-Trainer Frank Hartmann jedenfalls glaubt, „daß es am Freitag noch ganz knapp werden wird“. Für Matchwinner Passarelli steht der Endkampf gar „auf der Kippe“. Und Arawat Sabejew, auch ein Weltmeister des VfK, verstieg sich gar zu einer tollkühnen Prognose: „Ich jedenfalls weiß“, behauptet der Erfahrene, „daß wir Meister werden!“

Eile tut not, denn nach dem Ausstieg etlicher Staffeln aus dem teuren und ohne Sponsoren nicht mehr zu finanzierenden Bundesliga-Zirkus, der unter Zuschauerschwund leidet, droht dem Ringen im Team mittelfristig der Tod. Finanzkräftige und spitzfindige Vereine mit Connections wie Schifferstadt und Goldbach, Witten und Aalen haben die Konkurrenz in einen ruinösen Wettbewerb getrieben, in dem sie weder finanziell noch sportlich mithalten kann. So kommt im nächsten Herbst die eingleisige Bundesliga mit langweiligen Play-offs bis zum Halbfinale und dem ewigen Endkampf ...

Den anwesenden Riesen aus Oggersheim in der ersten Reihe focht all dies nicht an. „Das Ringen hätte viel mehr öffentliches Interesse verdient“, behauptete der dreist, schaute aber gar nicht recht hin, sondern verteilte Autogramme an Kinder und schaute bisweilen fremden Frauen interessiert nach. Eine Pauseneinlage mit Helmut, dem Sumo-Ringer, scheiterte aber wie immer an adäquater Konkurrenz. Vielleicht gönnen sich die Veranstalter ja im nächsten Jahr mal was und laden Günther Strack ein. Günther Rohrbacher-List

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