■ Press-Schlag: Nur Exoten denken an Naheliegendes
Genüßlich paffte Werner Lorant kleine Wölkchen in den prall gefüllten Presseraum. „Wir haben“, sagte der Trainer von 1860 München, „ich betone das noch einmal, einen Punkt entführt – und nicht erspielt.“ Aber was soll's? Ein Unentschieden in der Höhle der „Füchsle“ (das die Freiburger als Maskottchen im Schilde führen) – da kommen mittlerweile auch bei den Löwen Glücksgefühle auf.
Zu Recht, wie sich die Beobachter der Partie SC Freiburg gegen 1860 München vor allem nach dem Verlauf der zweiten 45 Minuten einig waren. Zu mehr als dem 1:1-Ausgleichstreffer durch Martin Spanring hatte es beim furiosen 50 Minuten währenden Sturmlauf der Sport-Club-Kicker zwar nicht gereicht. Aber vor allem einem überragend haltenden Bernd Meier hatten es die Löwen dabei zu verdanken, daß sie mit einem Punktgewinn und weiter genährten Nichtabstiegshoffnungen die Heimreise antreten konnten.
Und damit, was einige für ungleich wichtiger halten, für die Fortsetzung Freiburger Ungewißheiten gesorgt hatten: Um was geht's eigentlich? fragt man sich, nachdem es der Rest der Republik längst tut, nun auch im Badischen. Hinter vorgehaltener Hand. Spielt da der Fastabsteiger der vergangenen Spielzeit um die (sensationelle) Qualifikation für den UEFA-Pokal? Oder muß man sich langsam, aber sicher damit abfinden, daß Finkes Kicker zum Kreis der Meisterschaftsanwärter zählen? Die Gegengerade zumindest scheint sich auf alles vorbereitet zu haben. Schon nach 15 Minuten war klar, daß der Paradigmenwechsel dort endgültig vollzogen ist. Wurden bisher auf der Anzeigetafel gemeldete Dortmunder Treffer mit Freudengesängen („Freiburg und der BVB“) begrüßt, galt der samstägliche Jubel der Bayern-Führung gegen Dortmund. Und der der Lauterer in Bremen. Aber auch den Punktverlust der mit viel Beifall verabschiedeten eigenen Mannschaft nahm man dann mit der gewohnten Gelassenheit. Nein, die Bäume wachsen noch nicht in den Himmel der Stadt mit den meisten Sonnentagen der Landes. Und spätestens bei der Rückfahrt in den vollen Straßenbahnen werden die Unentwegten („Deutscher Meister wird nur der SCF“) dann wieder als seltsame Exoten in der badisch-behäbigen Idylle belächelt.
Ein Punkt verloren, das heißt für Volker Finke in bewährter Manier, daß der SC nunmehr – Mönchengladbacher Pokalsieg vorausgesetzt – nicht mit neun, sondern nur noch mit acht Punkten Vorsprung auf einem UEFA-Pokal-Platz steht. „Ich glaube“, sagte Finke also bei der analytischen Nachbereitung des Spieltages sibyllinisch, „wir haben heute nichts kaputtgemacht.“ Hat man nicht: Zur Spitze fehlen zwei, und also diese Woche wieder ein Punkt weniger als letzte. Ulrich Fuchs
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen