Press-Schlag: Panik in Sun City
■ Das Basketballteam der Phoenix Suns feuert Coach Paul Westphal
Seinen Sarkasmus hat Charles Barkley auch angesichts vieler Niederlagen der Phoenix Suns nicht verloren. „Ich gehe doch zu keiner schlechten Mannschaft“, kommentierte er mit breitem Grinsen Gerüchte über einen Wechsel zu den Los Angeles Clippers. Wenige Minuten vorher hatten die Clippers gegen die Suns gewonnen – zum drittenmal hintereinander.
Aber es kam noch ärger. Am Sonntag kehrte Dan Majerle, zu Saisonbeginn völlig überraschend nach Cleveland abgeschoben, mit den Cavaliers nach Phoenix zurück. Von den Fans wurde er freundlich begrüßt und begeistert verabschiedet, nachdem er mit 20 Punkten maßgeblich zum 89:74-Sieg seines neuen Klubs beigetragen hatte. Sogar der verletzt zuschauende Barkley beteiligte sich an der Standing Ovation für Majerle. Den Suns hingegen dröhnten die Ohren von Buh- Rufen. Bitter für ein Team, das in den letzten Spielzeiten stets zu den besten Mannschaften gehörte und vor drei Jahren gegen die Chicago Bulls nur knapp die Meisterschaft verpaßte.
„Sie haben uns sechs Fuß unter der Erde und werfen Dreck auf uns“, klagt Center Joe Kleine, und Coach Paul Westphal mußte zugeben: „So schlimm war es noch nie.“ Während die Chicago Bulls bereits 32 Siege auf dem Konto haben, brachte Phoenix gerade mal 14 zustande und muß um einen Play-off-Platz bangen. Dennoch mahnte Klub-Besitzer Jerry Colangelo zur Ruhe. „Ich gerate nicht in Panik.“ Die Entlassung von Paul Westphal und die Ernennung von dessen Vorgänger Cotton Fitzsimmons zum neuen Chefcoach beweist eher das Gegenteil.
Kaum jemand gibt Westphal die Schuld an der Misere. Zwar scheint der unpopuläre Majerle- Transfer gründlich mißraten zu sein, andererseits war „Thunder-Dan“ in Cleveland bislang weit von früherer Treffsicherheit entfernt – außer gegen die Suns. Der für Majerle eingetauschte Center John „Hot Rod“ Williams hat wegen eines Autounfalls und diverser Verletzungen zwar noch nicht die Erwartungen erfüllt, aber sein Durchbruch scheint nur eine Frage der Zeit. Ohnehin sind sich in Phoenix alle einig, daß der Hauptgrund für das schwache Abschneiden das erstaunliche Verletzungspech ist. Kein einziges Mal hat Westphal seine Idealbesetzung aufs Feld schicken können, in den letzten Spielen mußte er mit den All Stars Charles Barkley, Danny Manning, Kevin Johnson und Hot Rod Williams sogar auf vier Leute seiner „Starting Five“ verzichten. „So was habe ich noch nie gesehen“, staunt der Veteran Wayman Tisdale.
Auch Fitzsimmons wird die Leute kaum gesundbeten können, und so ist kaum zu erwarten, daß es kurzfristig aufwärts geht. Viel wird davon abhängen, wann Barkley wieder fit wird und ob er in Phoenix bleibt. Außer den Clippers sollen auch die New York Knicks an ihm interessiert sein. Ans Aufhören jedenfalls denkt er nicht mehr. „Ich bin immer noch der einzige Spieler, der 25 Punkte und elf Rebounds im Schnitt erzielen kann“, sagt er. „Ich fühle mich großartig.“ Von den anderen Suns kann man das im Moment nicht sagen. Matti Lieske
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