Press-Schlag: Uncle Tom vor Sam
■ Kuffour gewinnt Primetime-Duell der Sportgiganten
Der Einsatz von Berufstätigen aus der Sportbranche in diversen anderen Bereichen der Unterhaltungsindustrie wächst proportional zur Gesamtfläche der Kleidung von Dolly Buster. Soll heißen: Während der Bedarf an Geschäftsfrauen aus der Pornobranche sich dahingehend geändert hat, daß man sie relativ bekleidet bei gesellschaftlichen Ereignissen auftreten läßt, sollen Sportler möglichst crossover die Hosen runterlassen. Es gibt ja diesen veronesischen Kitzel, den Dilettantismus offenbar hervorruft – und den Sportler bestens bedienen können. Allerdings nicht, wenn sie ihn in ihrer Spezialdisziplin beweisen wie Tnj Szwcznk.
Daß der Profiboxer Axel Schulz mit dem Aufsagen von Sätzen Probleme hat, ist in der vergangenen Woche bereits gründlich aufgearbeitet worden. Das Überraschende (oder bei genauerem Nachdenken auch nicht) ist, daß Schulz im ZDF-Krimi „Der letzte Kampf“ (aus der Reihe „Ein starkes Team“) erhebliche Probleme mit der Darstellung eines Boxers hatte. Der notorische Nicht-Weltmeister war ganz offenbar völlig fehlbesetzt: Schulz klopfte auf dem „ukrainischen Bären“ herum wie ein Schauspieler, der noch nie geboxt hat, auf einem Sandsack.
Zeitgleich traten in der ARD zum „Primetime-Duell der Sportgiganten“ der ehemalige Sportmoderatoren-Imitator Reinhold Beckmann samt Eisschnelläuferin Franziska Schenk („Die Guinness- Show“) an. Über die Bemühungen Beckmanns ist das Wesentliche gesagt. Was Schenk betrifft, so rutschte sie haspelig durch die Sätze, daß man an jeder Kurve einen Sturz befürchten mußte. Im Gegensatz zum in seine Sponsorenmütze nuschelnden Schulz bemüht sie Mimik und Gestik – wird dabei aber an den falschen Stellen allzu emphatisch.
Falls der Krimi eine Pointe hat, dann als der Manager sagt: „Boxen ist ein Geschäft. Ich dachte, du hättest das kapiert.“ Der fiktive Weltmeister hat es nicht kapiert, der echte Nicht-Weltmeister schon, denn alle wesentlichen Sponsoren von „Uncle Sam“ bis zur Sportstadt Riesa (deren Sportbürgermeister so etwa wie Schulz' Manager ist) treten auf – und der ebenfalls zum Riesa-Clan gehörende Gewichtheber Marc Huster auch noch. Falls es auf ein Ranking hinauslaufen sollte, müßte man knallhart sagen: letzter Beckmann, dann Schulz, Schenk, Huster und vorne Gunnar Meinhardt. Der dpa-Sportjournalist (Fachbereich: Boxen) machte auch noch mit – er chargierte als Bodyguard.
Die beste Rolle spielte an diesem Abend freilich der ghanaische Fußballprofi Samuel Kuffour. Der Afrikaner brillierte als radebrechender, nixverstehender, aber herzensguten Onkel Tom. Eine bedrückend nachdenklich stimmende Hommage an die Sklaverei des 19. Jahrhunderts – oder war's das 18.? Es ist ein bisserl schade, daß die Inszenierung von Michel Steinbrecher war – und die Bühne das „Aktuelle Sport-Studio.“ pu
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