■ Preisrätsel: Trainerkarussell
Die zweitbeste Liga der Welt [Hö, hö! d. säzz.] führt seit vier Spieltagen den Ball am Fuß. Und schon geht es nicht mehr um Abstieg, deutsche Meisterschaft und ähnliche Banalitäten. Nein, es gibt Wichtigeres: Welcher Trainer wird als erster gefeuert? Wie sehen die Überlebenschancen der Kandidaten aus? Nicht das bißchen Fußball, sondern der Existenzkampf der 18 Männer auf der Bank steht im Mittelpunkt. Sie sind die eigentlichen Bundesliga- Stars. „Ran“ erkannte früh diese Umorientierung, Trainerinterviews füllen die Sendezeit, und alles dreht sich um Otto, Stepi, Lautsprecher Daum und Sir Erich.
Das ist nur logisch. Auf dem Platz rennen elf Spieler jeder Mannschaft in uniformiertem Dreß mit irritierenden Rückennummern und immer denselben Goldkettchen rum. Schachfiguren auf der grünen Wiese, jederzeit austauschbare Charaktermasken. Auf der Bank sitzt nur einer, der große Zampano und Stratege, ganz Individualist, mal mit Trench, mal mit Lederjacke, mal mit Trainingshose, mal mit feinstem Tuch ausgestattet. Wenn KSC-Trainer Schäfer seine Mähne stutzt, drängeln sich dreißig Fotografen im Frisiersalon, wenn Stepanovic sein Zigarillo anzündet, raucht die ganze Fußballnation mit.
Trainerstühle sind Pilotensitze, nur daß der Notfallschirm fehlt. Wer ein Spiel verliert, kommt unter Druck, wer zwei verliert, in die Krise, wer drei verliert, kann die Koffer schon mal packen. So will es das Gesetz. Fußball- Darwinismus brutal, und wir alle dürfen zuschauen, wie sich die Mienen versteinern, wie sich die Schicksalsspiele häufen und die Vorstände exekutieren. Mal ehrlich: Was ist schon ein linker Volley-Hammer von Anderl Herzog im Vergleich mit dem fahrig geröteten Junkie-Blick Christoph Daums nach einer Niederlage? Was bedeutet ein Dribbling Zarates gegen die Drohung des Vorstandes: Wir werden uns am Montag zusammensetzen? Was ist ein tödlicher Paß von Bein gegen das Geständnis von Hitzfeld: „Wir haben uns blamiert.“
Jetzt heißt es wieder für 18 Bundesligatrainer: Wer unten steht, fliegt. Im Laufe der Saison werden viele Köpfe rollen, aber keiner kullert so schön wie der erste. Daran sollen auch taz-Leser Anteil haben. Sie sind aufgefordert, uns zu schreiben, welcher Coach als erster zum Arbeitsamt muß. Wird Entenmann zum Watschenmann? Wird Daum zum Däumling, wird Hitzfeld kaltgestellt, Held zur tragischen Figur, Schulte wieder Ran-Reporter?
Schreiben Sie uns Ihren Tip! Unter den richtigen Einsendungen werden drei wertvolle Buchpreise aus der Trainerwelt verlost: „Trainer – die großen Fußballstrategen“ von Ludger Schulze, „Einwürfe“ von Max Merkel und „Ich“ von Franz Beckenbauer. Einsendeschluß ist Freitag, der 3. September 1993. Bundesligatrainer und deren Ehefrauen sind ebenso wie der Rechtsweg ausgeschlossen. Manfred Kriener
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