Preise und Prekariat: Die Kunst füttern
Hamburger Kunsträume
von Hajo Schiff
An der Hochschule für bildende Künste haben jüngst die Absolventen ausgestellt: Partyselig und hoffnungsvoll drängen 130 frisch mit Diplom, Bachelor oder Master Geadelte in den Kunstbetrieb. Der wartet nicht gerade auf all die jährlich von den rund 30 deutschen Kunsthochschulen und Akademien in die Welt geworfenen jungen Talente: Nur wenige werden von der Kunst leben können, schon gar nicht unter Befolgung der erlernten ästhetischen Ansprüche. Was immer über den boomenden Kunstmarkt zu lesen ist: Es bezieht sich auf eine Handvoll eingeführter Namen und betrifft meist einen Sekundärmarkt von großen Auktionen – nicht den alltäglichen Galeriebetrieb.
Museen werden gut besucht, Kunst für sich zu kaufen ist aber kein Massenvergnügen. Das war erstaunlicherweise mal anders: Um 1650 haben die Mitglieder der holländischen Malergilden allein in den Niederlanden jährlich etwa siebzigtausend Ölbilder auf dem Markt verkauft. Solche Dienstleistung wird von den meisten heutigen Künstlern aber gar nicht angestrebt: Trotz immer stärkerer Verschulung auch des Kunststudiums halten sich das Ideal des genialen Selbstausdrucks oder der Bezug auf hochkomplexe Theorien. Dabei versuchen die Künstler im traditionellen Sinne ein Werk zu erstellen, das Aufmerksamkeit erzwingt.
Erfolgreicher ist es meist, schon während des Studiums ein Netzwerk aufzubauen. Es hilft Gruppen zu bilden, Off-Räume zu bespielen und kuratierte Ausstellungs- und Aktionspakete anzubieten. Kurzfristig helfen auch Kunstpreise. In Hamburg etwa wird gleich zum Examen einer verliehen: Der Karl-H.-Ditze-Preis für die beste Abschlussarbeit ging an Sakura Hada (für eine ungewöhnliche Weiterentwicklung des Farb-Holzschnitts) und an Rosanna Graf (für einen filmisch gespiegelten Zwillings-Dialog). Auch die Kunststiftung Schües zeichnet HFBK-Nachwuchs aus: 2015 den Chinesen Ting Zhang, 2014 die Koreanerin Yoojin Chan; beide Schüler von Malerei-Prof Werner Büttner werden nun bei 7Türen präsentiert.
Weitere Förderungen sind Arbeitsstipendien: Hamburg und Berlin sind da immer noch gute, wenn auch zu niedrig dotierte Möglichkeiten. Problematischer sind die Aufenthaltsstipendien in oft abgelegenen Orten und Künstlerhäusern: Was an Ruhe, Schönheit und neuen Ideen gewonnen wird, muss mit der bestehenden Lebensorganisation zwischen Atelier und Zweitjob koordiniert werden. Bleibt als Künstlerhilfe nur noch vorzuschlagen, die ohnehin nicht mehr strikt eingehaltene Sommerpause des Betriebs für Ausstellungen oder Atelierbesuche zu nutzen – und sich schon mal vorzubereiten aufs Kunstkaufen in der neuen Saison.
Ting Zhang und Yoojin Chan: Eröffnung Sa, 25.7., 19 Uhr, 7Türen, Neustädter Straße 48. Bis 29. August
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