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Präsidentschaftswahl in PeruOllanta Humala gewinnt knapp

Bei der Präsidentschaftswahl in Peru siegte der Linksnationalist Ollanta Humala mit 51,2 Prozent. Damit verpasst Ex-Präsidententochter Keiko Fujimori den Einzug in den Präsidentenpalast.

Ollanta Humala nach der Wahl. Bild: dapd

BUENOS AIRES taz | In Peru hat der Linksnationalist Ollanta Humala die Stichwahl um das Präsidentenamt mit hauchdünner Mehrheit gewonnen. Nach der Auszählung von knapp 90 Prozent der Stimmen kam Humala auf 51,2 Prozent. Keiko Fujimori, die Tochter des autokratischen Ex-Präsidenten Alberto Fujimori (1990-2001) erhielt 48,8 Prozent. Humala erklärte sich noch am späten Abend zum Sieger. Er kündigte die Bildung einer Regierung der nationalen Einigung an. Das Wirtschaftwachstum werde der Motor der sozialen Integration sein, sagte der 48-jährige zukünftige Präsident.

Erste Hochrechnungen privater Umfrageinstitute wiesen Ollanta Humala bereits kurz nach Schließung der Wahllokale gegen 16.00 Uhr als Gewinner aus. Landesweit feierten seine Anhänger bereits auf den zentralen Plätzen der Städte. Dennoch mussten die Menschen bis 22.00 Uhr auf die erste offizielle Bestätigung warten.

Am Sieg Humalas gibt es jedoch keinen Zweifel. Zunächst sind es vor allem die Stimmergebnisse aus den Städten, deren Auszählungen vorlagen. Hier war mit einem besonders guten Abschneiden von Keiko Fujimori gerechnet worden. So kam sie in der Hauptstadt Lima auf 58 Prozent der Stimmen. Humalas Hochburgen sind der ländliche Raum, dessen Ergebnisse erst später eintrudelten und seinen leichten Vorsprung noch ein klein wenig ausbauten. Vor allem in den südlichen Provinzen liegt Humalas Stimmanteil zwischen 65 und 75 Prozent.

Keiko Fujimori war noch vor der Bekanntgabe der ersten offiziellen Stimmauszählungen vor ihre Anhänger getreten. Lächelnd aber keineswegs strahlend verwies die 36-jährige auf die inoffiziellen Hochrechnungen und rief ihre Anhänger zur Verantwortung auf. "Wenn die offiziellen Ergebnisse diese Zahlen bestätigen, werde ich als erste diese Ergebnisse anerkennen", so Keiko Fujimori, deren kurze Rede wie das Eingeständnis der Niederlage klang. Kurz darauf begannen Arbeiter mit dem Abbau der Bühne und ihre Anhänger zogen ab.

Ollanta Humala hat damit wie bereits im ersten Wahlgang das Rennen in den letzten Tagen vor dem Urnengang für sich entschieden. Am 10. April war er als klarer Gewinner der ersten Runde die Stichwahl eingezogen, obwohl ihm in den Umfragen lange Zeit keine Chance eingeräumt wurde. Auch vor der Stichwahl lag Keiko Fujimori vorne. Erste Analysen machen vor allem zwei Faktoren für die späte Aufholjagd verantwortlich. Zum einen war es das Thema der Zwangssterilisation von tausenden von Frauen während der Herrschaft von Alberto Fujimori, das in den letzten Tagen noch thematisiert wurde. Zum anderen wurde auf Humala von allen Seiten derart heftig eingeschlagen, dass das Bashing zum Bumerang geriet und Humala plötzlich als Opfer dastand.

Trotz Wahlpflicht lag die Beteiligung bei 85 Prozent der rund 20 Millionen Wahlberechtigten. Und die hatten sich auch zwischen den beiden KandidatInnen entschieden. Entgegen der erwarteten Vielzahl von ungültigen Stimmen waren 95 Prozent der abgegeben Stimmen gültig. Das neue Staatsoberhaupt zieht am 28. Juli in den Präsidentenpalast von Lima ein.

Peru verzeichnet ein jährliches Wirtschaftswachstum von mehr als sieben Prozent. Dennoch lebt ein Drittel der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Drei Viertel der 15 Millionen erwerbstätigen Frauen und Männer arbeiten ohne Arbeitsverträge und Sozialversicherung.

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4 Kommentare

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  • EE
    e.samuel e.

    Ich freue mich, dass die konservative Haltung, Wahrung des wirtschaftlichen Status Quo welcher die Beibehaltung des Wohlstandgefälles impliziert und Inkaufnehmen möglicher Menschenrechts- und Verfassungsrechtsverletzungen um ökonomische Umwälzungen zu vermeiden, nicht gesiegt hat. Ich freue mich, dass die ökonomische Bürgerlichkeit mit Keiki nicht über die Hoffnung siegte, welche Ollanta zumindest verspricht. Es gilt, ganz, wie MVLL letztendlich einlenkend sagte, abzuwarten, dass Ollanta sein Wort hält und zu hoffen, dass er den eingeschlagenen Kurs im Stiele Lulas hält. Aber diese Hoffnung ist, wenn man die Geschichte Perus kennt und mit der von der Auseinandersetzung der 80er90er Jahre hauptsächlich betroffenen Bevölkerung mitfühlt, diese nicht weiter ausgegrenzt sehen möchte, sondern gesellschaftliche Inklusion wünscht und wirtschaftliche Teilhabe auf allen gesellschaftlichen Ebenen, dann ist diese Hoffnung, die Ollanta im Gegensatz zu Keiki verspricht, sehr viel Wert.

  • I
    iquique

    @ Gisela Mueller

     

    Fragt sich nur welcher Text denn nun tendenzioeser ist, der von Juergen Vogt oder nicht vielmehr ihr Kommentar.

     

    Beginnend mit kleinkarierten Feststellungen, die absolut unerheblich sind, enthaelt ihr Kommentar keinerlei Fakten, sondern im wesentlichen gefuehlsmaessige Vermutungen ueber was wer wohl wann gemacht haette.

     

    Beschaeftigen Sie sich lieber mit den Parteiprogrammen der Kandidaten und deren Verortung im politischen Spektrum, dann sollten auch Sie die relevanten Tatbestaende klarer bewerten koenne.

     

    Es mag ihnen nicht gefallen, dass ein weiteres Lateinamerikanisches Land eher links regiert wird, ihr Kommentar bestaetigt aber das ausschliessliche substanzlose Schueren von Angst gegen diesen Trend vom anderen Ende des politischen Spektrums. Solange diese Substanz aber fehlt wird der Trend wohl weitergehen!

  • GM
    Gisela Müller

    Lieber Herr Vogt,

     

    um 16 Uhr wurden in Peru noch keine Hochrechnungen vermeldet, wie Sie schreiben, sondern Prognosen, die auf Umfragen an der Wahlurne beruhten. Die ersten Hochrechnungen gab es erst nach einigen Stunden. Es wäre schön, wenn Sie den Lesern die richtigen Fakten mitteilen würden und diesen Fehler korrigieren.

     

    Zur TAZ-Kritik an Keiko Fujimori:

     

    Sie haben von dieser Frau in den vergangenen Wochen ein Bild gezeichnet, dass praktisch einem politischem Monster entspricht. Und was macht diese Frau: Sie zeigt sich faire, anständige und vor allem demokratische Verliererin. Sie sucht den Wahlsieger auf und gratuliert ihm. Nicht ein Versuch irgendein Wahlergebnis anzuzweifeln. Natürlich ist so etwas selbstverständlich in einer Demokratie, aber präsentiert sich so eine Diktatorin, eine Menschenrechtsverbrecherin? Und glauben Sie Hugo Chavez, Evo Morales oder Daniel Ortega würden eine solch knappe Niederlage von einem Prozent so einfach akzeptieren?

     

    Vielleicht wäre - auch von journalistischer Seite - ein wenig mehr Distanz, statt Parteinahme angebracht gewesen. Ich hatte den Eindruck, die TAZ hat sich hier von der Polarisierung anstecken lassen. Das ist menschlich verständlich, aber journalistisch unprofessionell.

     

    Das Bild, dass sie von der Dame hier in den vergangenen Wochen gezeigt haben, entspricht so ganz und gar nicht Ihrem tatsächlichen Verhalten in der Niederlage.

     

    Dass ihr Vater ein unerträglicher Verbrecher war, heißt nicht, dass die Tochter auch so ist. Was würden Sie eigentlich sagen, wenn ein Nachfahre der Honeckers oder Mielkes plötzlich politisck aktiv werden sollte.

     

    Übrigens: Frau Fujimori wurde vorgeworfen, bei einem Sieg ihren Vater aus dem Gefängnis holen zu wollen (was sie mehrfach dementiert hat). Heute kündigte der designierte Vize-Präsident an, Alberto Fujimori in ein anderes Gefängnis verlegen zu wollen. Dort seien die Bedinungen härter. Die Siegerjustiz beginnt offenbar sehr schnell...nun allerdings von einer Seite, von der man es nicht erwartet hat.

  • S
    shezez

    Ich verweise auf den anderen Taztext:Präsidentschafts-Stichwahl in Peru

    Zwischen Aids und Krebs.

    Daraus geht deutlich hervor, dass die Präsidentschaftskandidatin einer konservativen, korrupten, oligarchen Vereinigung angehört,Vater- ehemaliger Präsident- sitzt im Knast, die von den ganzen armen Menschen sicherlich nicht ! gewählt worden ist.