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Portugals Trainer Scolari wechseltDer Mann fürs Grobe ist am Ziel

Just nachdem er mit Portugal vorzeitig das Viertelfinale erreicht hat, lässt Luiz Felipe Scolari öffentlich machen, dass er ab Juli Trainer des FC Chelsea ist.

Bald Angestellter des FC Chelsea: Luiz Felipe Scolari. Bild: rtr

GENF taz Luiz Felipe Scolari saß schon wieder dort, wo er am liebsten ist: ganz vorne. Die erste Reihe im Mannschaftsbus gehört, so will es Sportlers Gesetz, dem Trainer. Scolari hatte Platz genommen und wartete nun mit der inneren Zufriedenheit eines Siegers darauf, dass seine Fußballer eintrudeln würden. Bei Cristiano Ronaldo dauerte es noch.

Nachdem Ronaldo den 3:1-Sieg über Tschechien analysiert hatte, der Portugal bereits nach zwei Spielen den Gruppensieg garantiert, ging der vorgeblich beste Fußballer der Welt noch auf eine Reise in das Reich des Konjunktivs. Würde, wurde er gefragt, sein Leben als Spieler von Manchester United nächste Saison schwerer werden, falls Scolari den Konkurrenten FC Chelsea übernehme? Ronaldo sagte: "Falls es gut für ihn ist, muss er gehen, aber ja, es würde schwieriger, Chelsea zu schlagen." Dann stieg auch er ein, der Bus rollte los. In diesem Moment muss Scolari telefoniert haben: Jetzt könnt ihr es rauslassen.

Nicht einmal zehn Minuten nachdem Portugal aus Genf abgereist und also niemand mehr zu sprechen war, gab der FC Chelsea bekannt, dass seine Elf mit dem deutschen Kapitän Michael Ballack ab 1. Juli vom Brasilianer Scolari trainiert wird, Weltmeister 2002 mit seiner Heimat und seitdem Portugals Coach. Das nennt man wohl Medien-Management. Der portugiesische Fußballverband übernahm die Taktik des Schweigens. Er strich die gestrige Pressekonferenz und ließ auch zum Training niemanden herein. Im ersten Moment war die Frage: Warum geben sie das mitten während der EM bekannt? Den Medienzirkus, den solch eine Notiz mit sich bringt, braucht keine Elf. Doch offenbar glaubte Chelsea, die seit Freitag feststehende Verpflichtung nicht mehr unter Verschluss halten zu können, und entschloss sich zu einer kontrollierten Explosion. Dass Scolari mit dem nun drohenden Ballyhoo fertig wird, ist ihm zuzutrauen; wem, wenn nicht ihm?

"Du denkst also, ich bin ein Esel? Du denkst, ich bin ein schrecklicher Trainer?", schrie er, als ein Reporter nach einem qualvollen 0:0 gegen Finnland im Herbst Scolaris strategische Kapazität in Frage stellte. Dann stürmte Scolari davon. Er hatte den einen Spruch erschaffen, der für immer mit ihm in Verbindung bleiben wird; der ihn charakterisiert. Scolari ist Feuer.

Kurz bevor sein Engagement bei Chelsea vom Konjunktiv in die Realität wechselte, demonstrierte er noch einmal seinen Charakter. Er tobte in der Halbzeit des Tschechien-Spiels, er schrie: Wie Bäume ließen sie sich ausspielen! Wobei, so nett sagte er es nicht. Aber seine kuriose Körpersprache, die übertrieben aufgerissenen Augen, die fleischigen, wild fuchtelnden Hände, auch der Entenhintern verwandeln seine oft brutal destruktiv klingenden Worte in anspornende Kritik. Die zweite Halbzeit dominierte Portugal.

Dabei ist Scolaris Kraft, wachzurütteln, oft gegen ihn ausgelegt worden. Es hieß, er könne nur motivieren. Als frischer Weltmeister bot er sich 2002 öffentlich Klubs in Italien an, der Heimat seiner Eltern. Er fand keinen. Wer seine Teams sah und sieht, erkennt eine ordentliche, aber eher grobe Handschrift des Trainers. Eine Elf, die taktisch bis ins kleinste Detail brilliert wie Luis Aragonés Spanier, hat er nie geschaffen.

Doch ein Verein wie Chelsea hätte ihn schon viel früher anwerben sollen. Denn in diesen Klubs der Millionäre verlangt der Job vor allem Management-Qualitäten. Andere reiten den Sturm. Scolari zähmt den Druck. Er wusste, ein gewiss nicht der Selbstdisziplin zugeneigtes Brasilien 2002 mit firmer Hand zu führen. Er machte aus den drei Angreifern Rivaldo, Ronaldo und Ronaldinho, die alle die Hauptrolle gewohnt waren, einen solidarischen Sturm. Wann immer es Entscheidungen zu treffen galt, die eine ganze Nation und potenziell die Mannschaft aufbrachten, managte sie Scolari, etwa die sportlich notwendige Degradierung der portugiesischen Volkshelden Rui Costa und Luís Figo inmitten der EM 2004.

Am Samstag, bei der obligatorischen Presserunde vor dem Spiel gegen die Schweiz, will er kurz über seinen Jobwechsel sprechen. Spielmacher Deco braucht nun seine Zukunft auch nicht mehr offiziell zu verschweigen, er wird vom FC Barcelona Scolari zu Chelsea folgen und dort Ballacks neuer Partner im Mittelfeld sein.

Am Mittwoch in Genf rollte Scolari wie immer die Augen, während er das Spiel analysierte, er fasste sich ans Herz, und da dachte man noch, er rede nur über das Spiel. Nun, da er endlich den ersehnten Job bei einem großen Klub hat, klingt es, als habe er über seine Karriere gesprochen: "Wir leiden, wir geben uns in Gefahr", sagte er. "Da können wir nicht die Guten im Film sein. Und am Ende triumphieren wir."

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