piwik no script img

Portrait: Sebastian SchachtenDer Hoffnungs-Macher

Kolumne
von Marco Carini

Beim 3:2-Auswärtssieg in Sandhausen drehte ein Abwehrspieler vom FC St. Pauli das Spiel.

Stinke- oder Jubelfinger? Wer weiß das bei Sebastian Schachten schon so genau. Bild: dpa

T ore verhindern, lautet die Arbeitsplatzbeschreibung eines Abwehrspielers. Das gilt gerade nur bedingt für Sebastian Schachten. Der 29-jährige Außenverteidiger hat sich derzeit eher aufs Toreschießen verlegt.

Bereits gegen Greuther Fürth war ihm vergangene Woche am Millerntor der viel umjubelte 1:0-Führungstreffer gelungen, was ihm prompt einen Platz in der Kicker-Elf des Tages einbrachte. Am Samstag legte er nun in Sandhausen nach. Sein Volleyknaller zum 2:2 nach 77. Minuten leitete die Wende in einem schon verloren geglaubten Spiel ein, das die Hamburger durch einen Treffer von Marc Rzatkowski noch glücklich mit 3:2 gewannen.

Dass der FC St. Pauli den Kontakt zu den Aufstiegsplätzen in den vergangenen Wochen nicht abreißen ließ und nun wieder drei Punkte hinter Relegationsrang drei auf dem vierten Platz steht – es liegt vor allem an Sebastian Schachten. Gerade wenn alles verloren scheint – wie nach dem kapitalen Schnitzer von Kapitän Jan-Philipp Kalla, der dem Team am Samstag den 1:2-Rückstand bescherte –, ist Schachten einer, der es noch mal wissen will.

Wenn die Mitspieler ihre Köpfe und Schultern bereits leicht hängen lassen, dann packt den Mann die Wut. Als stünde er unter Drogen, marschiert er dann los. Mit gesenktem Kopf wie ein Stier, den Tunnelblick auf die Grasnarbe gerichtet, setzt er sich in Bewegung. Mit ausladenden Schritten und rudernden Armen, den Ball eng am Fuß, ab an der Außenlinie über den ganzen Platz bis hin zum gegnerischen Tor. Mit fairen Mitteln nicht aufzuhalten. Oder er zimmert die Kugel einfach aus über zwanzig Metern rein – wie gegen Sandhausen.

„Mit seinem gelebten Willen entfacht er Euphorie auf dem Platz und den Rängen“, sagt sein Trainer Roland Vrabec: „Solche Typen brauchst du.“ Und Schachten, Meister des Understatements sagt über sein Traumtor nur, er habe wohl „den Ball ganz ordentlich erwischt“.

Dank vier Verteidigertoren in den vergangenen beiden Spielen darf der FC St. Pauli nun weiter von der Bundesliga träumen. Schachten ist einer der wenigen im Team, der sich in der Eliteklasse schon ganz gut auskennt. 16 Mal hat der gebürtige Hesse für Mönchengladbach in der Saison 2011/2012 im Oberhaus bereits gekickt, ohne jedoch einen Treffer zu erzielen.

Das will er bald nachholen. St. Pauli ist wohl die letzte Chance des inzwischen 29-Jährigen, noch mal ganz oben anzugreifen und sich in die Bundesliga-Torschützenliste einzutragen. Doch damit es wirklich so weit kommt, muss Schachten wohl noch das eine oder andere Mal den Zweitliga-Stier geben.  MAC

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Hamburg-Redakteur

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!