Pompöse Hochzeit in Indien: Im ganz kleinen Kreis
Nur 18.000 enge Freunde: Knapp eine Woche lang feiern zwei Kinder des Politadels die wohl teuerste alkoholfreie Hochzeit aller Zeiten.
NEU-DELHI taz | "Ja, es gab einen Bell-429-Hubschrauber als Geschenk, aber es ist eine einfache Hochzeit", versicherte der Vater des Bräutigams, Kanwar Tanwar. Er verstehe wirklich nicht, warum diese Vermählung für so viel Wirbel sorge, kommentierte der Politiker trocken. Doch es ist nicht schwer zu begreifen, warum die indischen Zeitungen seit Tagen mit einer Mischung aus Schock und Stolz über diese Hochzeit berichten. Denn vermutlich ist es die teuerste Vermählung auf dem Planeten. Die Times of India schätzt die Kosten der knapp einwöchigen Feierlichkeiten auf 22 Millionen US-Dollar, während die populistischere Mail Today mit eher 55 Millionen rechnet. Mindestens 18.000 Gäste sind geladen - andere Quellen gehen sogar von 30.000 aus.
Gespart wird nicht, wenn Lalit Tanwar und Yogita Jaunapuria den Bund fürs Leben schließen. Der Vater des Bräutigams, Kanwar Tanwar, ist ein immens reicher Politiker der regierenden Kongresspartei in der Hauptstadt Neu-Delhi. Die Familie der Braut muss ebenfalls nicht am Hungertuch nagen. Auch ihr Clan hat jahrelang in der Hauptstadtpolitik mitgemischt und ein beträchtliches Vermögen angehäuft. Die arrangierte Ehe der Kinder aus wichtigen politischen Familien des Landes ist daher ein perfekter Deal, Macht und Einfluss beider Häuser zu paaren: ein guter Grund, sich ausgiebig zu feiern und den sozialen Status zur Schau zu stellen.
Bei dem Abendessen am Dienstag auf einem luxuriösen Anwesen außerhalb der Metropole sollen um die hundert Gänge feinster Speisen serviert worden sein. Der Bräutigam trug eine Girlande aus nagelneuen Geldscheinen und bekam von der Auserwählten einen Acht-Millionen-Dollar-Hubschrauber geschenkt. In Indien ist Mitgift auch bei den Megareichen Sitte. Selbst der treue Friseur des frischgebackenen Ehemanns erhielt 5.000 Euro zum Dank für seine Dienste - so viel verdienen die meisten Haarschneider in Indien in zehn Jahren.
Wenn Indiens Reiche heiraten, geht es in der Regel nicht bescheiden zu. Doch diese Vermählung sprengt den Rahmen. Sie stellt sogar die Hochzeit der Tochter von Stahlbaron Lakshmi Mittal 2004 im Schloss von Versailles in den Schatten. Und sie zeigt das neue Selbstbewusstsein der indischen Elite, die nichts Unanständiges darin sieht, ein oder zwei Milliarden Rupien für Glanz und Glamour auszugeben, während 80 Prozent der Bevölkerung des Landes mit ein paar Rupien am Tag auskommen müssen. Auch dass Kongresspartei-Chefin Sonia Gandhi angesichts zahlreicher Korruptionsskandale in ihrer Regierung jüngst die Mitglieder zum Maßhalten aufgefordert hat, schien die Veranstalter der Hochzeit nicht zu stören.
Indiens Riesenhochzeiten sind gewöhnlich in verwirrend viele Empfänge, Essen und Zeremonien aufgeteilt. Die letzte Feier der Vermählung ist für Sonntag in einem Fünfsternehotel in Süddelhi angesetzt. Erwartet werden der Premierminister des Landes, Manmohan Singh, ebenso wie die beiden Bollywoodmegastars Shah Rukh Khan und Aishwarya Rai.
Wer allerdings mit Champagner auf das Brautpaar anstoßen will, muss das wohl daheim tun. Nach den streng hinduistischen Speiseregeln werden weder Alkohol noch Fleisch serviert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin