■ Polizisten vor Gericht: Lizenz zum Lügen
Jedes Jahr werden Dutzende von Polizisten wegen Körperverletzung im Amt angezeigt. Doch Anklage wird nur in den seltensten Fällen erhoben. Kommt es dann zu einer Verurteilung, wie im letzten Jahr geschehen, bestärkt das den oftmals ins Wanken geratenen Glauben an Gerechtigkeit. Ein Glauben, der mit dem gestrigen Freispruch jedoch wieder Schaden genommen hat.
Denn in diesem Verfahren gab es eine durchaus glaubhafte Zeugin. Eine Frau, die, geschockt über das Gesehene, nicht in der Lage war, an Ort und Stelle zu reagieren. Das Gericht drehte ihr hieraus jedoch einen Strick, um die Polizisten freizusprechen. Richter Sasse, der während der fünftägigen Beweisaufnahme, die er als einen „Luxus“ bezeichnete, stets nach Sachlichkeit rief, zerpflückte die Aussagen der Zeugin auf ebenso dubiose Art, wie er den Polizisten uneingeschränkt Glauben schenkte. Als ob es einen Grund zum Mißhandeln geben müßte. Wenn dann noch der Richter den Iraner mehrmals als Angeklagten bezeichnet, ist jeder Zweifel vom Tisch: Angeklagten Polizisten wird immer noch eher geglaubt als verläßlichen Zeugen: Polizisten haben offenbar vor Gericht eine Lizenz zum Lügen. Barbara Bollwahn
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