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Play it againYou must remember this

■ „Casablanca“ wird heute 50 Jahre alt

Wie ein Silberstreifen am Horizont durchzieht „Casablanca“ jedermanns Autobiographie. Längst hat er sich an die anderen Erinnerungen geschmiegt, die man aus erster Hand hat; aber im Gegensatz zu den meisten dieser Erinnerungen hat er keine Patina angesetzt.

Die gekalkten, weißen Wände, die schwarz schimmernde Roulettescheibe, sogar der flash-back zu Ricks und Ingas delirösen Tagen in Paris ist glasklar wie der Marschrhythmus der deutschen Stiefel.

Als ich den Film das zweite Mal sah (über die Initiation hat sich gnädige Amnesie gelegt), waren alle zufällig fünfzehn, trugen möglichst geschlechtsneutrale grüne Armeeparka und fanden das Verliebtsein in einen Menschen reine Zeitverschwendung (was nicht heißt, daß man nicht trotzdem den einen oder die andere rasend apart fand). Wir schwebten auf einem Schöneberger Balkon mit Blick auf den Kreuzberg, um den Fernseher wie um einen kleinen Buddha geschart, und blökten bei jeder Liebesszene möglichst lauter als der Nachbar, damit ja keiner auf die Idee käme, wir hätten etwa geheult oder was.

Diese Radikalkur hat mir das „here's lookin' at you, kid“ ziemlich früh versaut; aber genau dadurch wurde der Film interessant. Indem er nämlich dann kein Zentrum mehr hatte, konnte man sozusagen quer einsteigen. Plötzlich wurde die Nachrichten-Sequenz am Anfang wichtig, die den Globus halb dreht, Ricks Odyssee von der kalten Ostküste ins Mediterraneum einen Hauch von Realpolitik verleihend. Eine ernste, um den Gang der Welt besorgte Männerstimme klärt uns auf, wie es um Casablanca bestellt ist; die Deutschen sind auf dem Vormarsch, in der Stadt wimmelt es von Schmugglern, Spielern, Huren, Söldnern, Spionen, Faschisten und Emigranten – ein Gefühl von brennender Aktualität stellt sich ein, auch wenn diese Wochenschau reinster „Camp“ ist. Emigration war etwas Angenehmes: Wie Anna Seghers' „Transit“, Kerouacs „On the Road“, R.D. Brinckmanns „Rom, Blicke“, Alfred Anderschs „Sansibar“ beschrieb „Casablanca“ den Zustand des Passageren. Das rückte ihn sogar in die Nähe von “Easy Rider“ oder „Im Lauf der Zeit“. Die verschiedenen Genres, mit denen der Film jongliert – der Spionage-Thriller, der Kriegsfilm, die Wochenschau, das Melodram, der Abenteuerstreifen –, halten auch seine Form offen.

In Ricks „Café Americain“ ist immer Karneval; Uniformen, Masken, Tarnungen, innen wie außen: Ist Inga eine heimliche Femme fatale, spielt sie mit unserem Rick? Auf welcher Seite steht der Conférencier? Ist das Roulette getürkt, sind die Karten gezinkt? Was als Nazilied anfängt, endet als Marseillaise. Was als „Eine Frau zwischen zwei Männern“ daherkommt, ist in Wirlichkeit ein viel feineres Geflecht zwischen den Kerls, die Boote durch die Nacht steuern, sich durch Whiskygläser anschauen, sich schlagen, sich retten und zum Schluß miteinander in den Nebel gehen.

In diesem Wildwuchs von Themen, Zeichen und chemischen Verbindungen gleicht der Film eben den besten Zeiten des Lebens, den Momenten, bevor die großen Entscheidungen gefallen sind, den Schwebezuständen, den offenen Ausgängen. Mariam Niroumand

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