Plastikmüll beim Einkauf: Allet Jute imma inne Jutetasche
5,3 Milliarden Plastiktüten gehen pro Jahr über die Ladentheken. Umweltschützer fordern ein Umdenken – und mehr Jutetaschen.
BERLIN taz | Rund 5,3 Milliarden Plastiktüten werden jedes Jahr an deutschen Supermarktkassen und Ladentheken ausgegeben. Das schätzt die Deutsche Umwelthilfe (DUH). Die Umweltorganisation sagt der Tüte den Kampf an – und weil ein Verbot nicht greifbar ist, will sie die Beutel durch eine staatliche Abgabe teurer machen.
Supermärkte und Geschäfte sollen mindestens 20 Cent pro Plastiktüte verlangen, damit mehr Menschen mit einer Stofftasche einkaufen gehen und dafür auf die Einwegbeutel aus Plaste verzichten. „Die Tüten sind meistens so schlecht konstruiert, dass sie nur einen einzigen Einkauf aushalten und danach entsorgt werden müssen“, sagt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch anlässlich der Kampagne „Mehrweg statt Einweg“. Für ihn ist das eine Ressourcenverschwendung. In Zeiten, in denen immer mehr Verbraucher Umweltschutz als notwendig anerkennen würden, sei das überdies ein „Anachronismus“.
Derzeit sind Plastiktüten schon für wenige Cent an der Kasse zu haben, oftmals werden sie sogar kostenlos mitgegeben. Durch den erhöhten Preis würden Einkäufer eher abwägen, ob sie zur Tüte greifen oder lieber ihre Tragetasche von zuhause mitbringen, hofft Resch. Die Einnahmen durch die Tütengebühr sollten nicht etwa dem Staatshaushalt zugutekommen, sondern in Kampagnen investiert werden, um das Bewusstsein der Menschen für die Vermeidung von Abfall zu schärfen.
Recyclingquote nur 30 Prozent
Angedacht sei außerdem, Stofftaschen mit Rabattgutschriften oder Gutscheinen zu fördern, sagt DUH-Projektmanager Thomas Fischer. „Das werden wir mit dem Handel besprechen.“ Ein Verbot der Plastiktüten werde es jedoch nicht geben können. Das wäre ein Wettbewerbsnachteil und würde somit gegen EU-Recht verstoßen, so Fischer.
Über 100.000 Tonnen an rohölbasiertem Kunststoff werden pro Jahr für die Plastiktüten in Deutschland aufgewendet. Doch nicht nur der Ressourceneinsatz gibt der DUH Grund zur Sorge. Nur rund 30 Prozent der Tüten würden wiederverwertet, schätzt Resch. Der Großteil lande in Restmülltonnen und werde anschließend verbrannt. „Und selbst aus dem recycelten Plastik können nur sehr minderwertige Produkte hergestellt werden“, sagt Resch.
„Bei den Tüten gibt es stofflich so gut wie nichts zu verwerten“, sagt Jörg Lacher vom Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung. Das Plastik reiche für das Recyceln nicht aus, weswegen die Tüten in der Müllverbrennung landeten. „Das ist kein Geschäft für uns“, so Lacher, der die mittelständische Entsorgungswirtschaft vertritt.
Die 100.000 Tonnen an Plastik für die Tragetaschen seien für ihn jedoch nicht „der Nabel der Welt“, da sie im Vergleich zu anderen Verpackungen nicht groß ins Gewicht fielen. Nach einer Schätzung des Instituts für Energie- und Umweltforschung (Ifeu) werden in Deutschland pro Jahr rund 2,6 Millionen Tonnen Plastik zur Herstellung von Jogurtbechern, Flaschen und anderen Verpackungen eingesetzt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Tabubruch der CDU
Einst eine Partei mit Werten
Trump und die Ukraine
Europa hat die Ukraine verraten
Social-Media-Star im Bundestagswahlkampf
Wie ein Phoenix aus der roten Asche
Krieg und Rüstung
Klingelnde Kassen
Gerhart Baum ist tot
Die FDP verliert ihr sozialliberales Gewissen
Münchner Sicherheitskonferenz
Selenskyjs letzter Strohhalm