: Pflegedumping für die Armen -betr.: "Armenpflege per Fließband" von Thomas Franke, taz v. 6.5.95
Betr.: „Armen-Pflege per Fließband“ von Thomas Franke, taz v. 6.5.
Es ist zum Verzweifeln und immer dasselbe: Erst wird der blanke Unsinn Gesetz, und dann kommt die große Klage. Herr Franke hat recht, es wird Armenpflege per Fließband geben, nur hat er offensichtlich nicht bemerkt, daß genau dieses im Gesetz angelegt war, ja, ich behaupte sogar, Absicht des Gesetzgebers gewesen ist. Niemals sollte die Pflegeversicherung den armen Alten – wie Herr Franke glaubt – „ein Alter in Würde verschaffen“. Gerade sie gehören der Personengruppe an, die eben nichts außer Standardverschlechterungen davon haben wird.
Die Pflegeversicherung ist ein großer Propagandacoup und ein Umverteilungsmanöver zu Lasten von ArbeitnehmerInnen und zugunsten von pflegebedürftigen Menschen mit mittlere und hohem Einkommen, ihrer Erben und der öffentlichen Kassen.
„Blüms Tat ist also laut zu rühmen“, schreibt Herr Franke, gerade weil er sich vom „Weg der Sozialversicherung“ nicht hat abbringen lassen. In Zeiten von Massenerwerbslosigkeit ausgerechnet eine Finanzierung zu wählen, die die lebendige Arbeit belastet und nicht – wie schon 1987 von DEN GRÜNEN in einem Gesetz vorgelegt – eine Finanzierung über Steuern, wo dann auch Vermögenssteuern und Steuern aus Vermietung und Verpachtung mit von der Partie sind, zeugt nicht gerade von einem hohne Niveau sozial-, arbeitsmarkt- und verteilungspolitischer Überlegungen.
Natürlich, alle Unterstützung an den DPWV und für höhere Stundensätze, im Interesse der pflegebedürftigen Menschen und der Pflegekräfte, deren (Frauen-)Altersarmut vorprogrammiert ist. An dem grundsätzlichen Fehler, der Abkehr vom Bedarfsdeckungsprinzip, ändert das nichts: Pflegedumping für die Armen. Danach können wir ja die nächste Diskussion führen über humane Begründungen für Sterbehilfe oder uns wahlweise auch darüber empören.
Karoline Linnert, Bürgerschaftsabgeordnete der Grünen
Ich meine, so wichtige kommunale Steuerungsbereiche wie BSAG, Stadtwerke oder Hafenwirtschaft dürfen nicht verkauft wrden. Infrage kommt höchstens eine genossenschaftliche Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern an einem kleineren Teil des Kapitals, sonst nix!
Jürgen Maly
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