piwik no script img

Archiv-Artikel

Peter Grohmann Freiwillige vor

Joachim Gauck (Bundespräsident) wirbt für die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Ob er auch so weit geht, sich selbst freiwillig zu melden, und sei es als Militärbischof, ist nach wie vor offen. Die Deutschen, so mahnte der zum Präsidenten gewordene Bürgerrechtler, sollten offener sein für die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Eine gewisse Distanz der deutschen Massen zu unseren Streitkräften, die Gauck bemängelt, und da stimme ich ihm zu, könnte sich aus der Geschichte erklären.

Von 1933 bis 1945 haben die evangelische und die katholische Kirche Deutschlands natürlich ihre kirchlichen Interessen gegen Übergriffe der Nazis verteidigt. Bischof Graf von Galen hat sich sogar gegen die Ermordung kranker und behinderter Menschen ausgesprochen, was man ihm heute noch hoch anrechnet. Andererseits haben freilich sehr viele deutsche Bischöfe – unter Berufung auf den christlichen Glauben – vor Hitler den Hut gezogen und ihm ein freundliches „Grüß Gott“ auf seinen schweren Weg mitgegeben. Zugegeben, die Kirchen haben damals auch ihre Mitarbeit zugesagt – unter Zwang – und ihm und der Deutschen Wehrmacht aus ganzen Herzen zu ihren Eroberungen gratuliert. Mussten sie ja – sonst wären sie ins KZ gekommen zu den Atheisten! Meiner Omi Glimbzsch ihr Mann hat sich ja auch opfern müssen, in Stalingrad, mit Gott für Führer, Volk und Vaterland. Die Omi hat immer, wenn sie leicht betrunken war, das alte Koppel mit dem Hakenkreuz aus dem Schrank geholt und geweint, weil ihr Mann weg war, noch vor dem Führer und dem Militärbischof.

Ich will mal so sagen: Gott sei Dank kann man das alles nicht mit heute vergleichen! Heute kann Gauck das Volk kritisieren und das Volk Gauck, ohne dass gleich das ganze Land aufheult. Dieses hohe Gut schützt die Bundeswehr. Am Horn von Afrika, in Afghanistan und wenn es sein muss, auch im eigenen Land. (Das mit dem eigenen Land nehme ich sofort wieder zurück, weil es eine absolute Minderheitenmeinung ist.)

Natürlich fordert so ein Einsatz für die Freiheit auch Opfer, sogar Menschenopfer, vom Material gar nicht zu reden. „Schlecht geschützte Einsatzfahrzeuge, zu wenig Munition und unzureichende Verpflegung und Unterbringung“, wie der Wehrbeauftragte bemängelte, gehören eben auch zum Dienst an der Waffe.

Was Joachim Gauck nicht gesagt hat: Wenn der Soldat dann nach Hause zurückkommt, traumatisiert, mit kaputter Seele, muss er abermals kämpfen. Schlecht bezahlte Jobs oder keine, keine Anerkennung – und keine Therapie.

Da braucht's Geduld, Kamerad, was?

Peter Grohmann, Kabarettist, ist Gründer des Bürgerprojekts Die AnStifter.