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Personenführung #188: Gabi Winter Eine, die anpackt

Die Kollegin aus Schleswig-Holstein hat den taz-Vertrieb mit aufgebaut, später das Marketing der taz nord. Nun geht sie nach 30 Jahren bei der taz in Rente.

Von JAN KAHLCKE

taz Info, 21.12.22 | An dieser Stelle soll eine Eigenschaft gelobt werden, die zu Unrecht in Verruf geraten ist. Und mit ihr Gabi Winter, die diese Eigenschaft im besten Sinne verkörpert. Die Rede ist von der Unverschämtheit. Im ursprünglichen Wortsinn, der sich erschließt, wenn man einen Bindestrich zu Hilfe nimmt: Gabi ist un-verschämt. Sie schämt sich nicht. Nicht dafür, dass sie etwas will. Und schon gar nicht dafür, wer sie ist.

Ihre Herkunft aus der schleswig-holsteinischen Provinz hat Gabi so gründlich hinter sich gelassen, dass sie am Ende Frieden damit machen konnte. Sie hat sich durchgebissen, Abitur gemacht, als erste in ihrer Familie. Was Ordentliches gelernt, Bankkauffrau, später Geisteswissenschaften studiert.

Und sie hat die alternative Welt erobert, im damals noch so unendlich coolen Westberlin. Ob man ihr das Dorf anmerkte? Ihr doch egal. Es geht doch drum, was eine drauf hat.

Erst Vertrieb, dann Marketing der taz nord

Gabi ist eine Macherin, eine, die anpackt – und von anderen dasselbe erwartet. So hat sie erst den taz-Vertrieb in Berlin aufgebaut und später das Marketing der taz nord, in Bremen und Hamburg. Zwei Jahre hat sie zudem im taz-Vorstand den Geschäftsführern streng auf die Finger geschaut.

Gabi kann ganz schön fordernd sein. Sie sagt gerade heraus, was sie denkt, und vor allem: was sie will. Bisweilen wirkt das richtig – unverschämt. Ob nicht ein bisschen mehr ginge, und vor allem ein bisschen schneller – das mussten Kol­le­g:in­nen sich schon mal anhören.

Aber ohne das wäre etwa die Veranstaltungsreihe taz Salon nie Wirklichkeit geworden, die sie auf die Beine gestellt und auch inhaltlich geprägt hat.

„Wir sind schließlich die taz!“

Auch externe Partner kennen jene Bestimmtheit im Auftreten: Wir wollen es genau so – aber zum halben Preis. Oder am besten gleich gegen Anzeigenkompensation statt Geld. „Wir sind schließlich die taz!“, pflegte Gabi dann zu sagen. Da konnte man raushören: Wir sind arm, weiß doch jeder. Oder: Wir sind klein, aber oho! Und vor allem sind wir unverschämt gut und eigentlich ist es eine Ehre, für uns zu arbeiten.

Wenn Gabi nun nach 30 Jahren taz in Rente geht, sollten wir uns von ihrem Stolz eine Scheibe abschneiden. Dann wird sie uns aus ihrem Kapitänshäuschen auf Finkenwerder wohlwollend betrachten – auch wenn sie an ihrer Zeitung mal wieder Kritik hat.