Personenführung #17: Peter Scheibe: Die taz war eine Scheibe

Er konnte grummeln, schimpfen, auf den Tisch hauen – und 40-mal geduldig nachfragen. Nach zwölf Jahren verlässt unser Justiziar die taz.

Peter Scheibe aus der Sicht von Christian Specht. Diagram: taz

Erkältet, freie Tage? Im Notfall ging er immer dran ans taz-Handy: "Peter Scheibe! Was gibt's?" Pausen hat er wenige gemacht, aber wenn, dann gleich für mehrere Wochen: Island, Georgien, Kuba, Indien, Russland, Rumänien. Ich bin dann mal weg! Zurück kam eine fröhlich ausgeruhte Scheibe mit Schalk im Nacken. Nach zwei Tagen schimpfte es aber schon wieder aus dem Glasbüro, das er sich mit unseren SatirekollegInnen aus der "Wahrheit" teilte: "Können die hier alle nicht recherchieren – oder wollen die nicht?!"

Er pflügte sich in diesen karierten Hemden mit Geschirrtuchoptik durch seine Aktenstapel, schweigend und in einem sagenhaften Tempo. Vor Gericht und zu Partys erschien er in sanft schimmernden Anzügen. In der Mittagspause machte er Jagd auf die FAZ – zur Entspannung.

Er konnte grummeln, schimpfen, auf den Tisch hauen – und 40-mal geduldig nachfragen. Aber irgendwann platzte der Kragen: "Ob man das so schreiben kann?! Nein! Auf keinen Fall!"

Bis zum Bundesgerichtshof

Mit einem Fall zog er vor den Bundesgerichtshof. Die Bild-Zeitung klagte gegen einen taz-Werbespot – den man so nicht im Kino zeigen dürfe. Vergleichende Werbung. Unzulässig! Im Minifilm kommt ein Mitglied der scheinbar nicht arbeitenden Bevölkerung im Jogginganzug zum Kiosk und raunzt: "Gib mal Zeitung!" Aber es ist keine Bild mehr da. Wortlos schiebt der Verkäufer eine taz über den Tisch. Angewidert schiebt der Mann die taz zurück, kriegt schließlich doch noch seine Bild. Am nächsten Morgen kommt er wieder und fegt lachend die Bild beiseite: "Gib mal taz!"

Peter Scheibe hatte in Karlsruhe Erfolg – die taz hatte gewonnen. Einer der großen juristischen Siege der taz-Scheibe war also eine saftige Niederlage für den Axel Springer Verlag.

Zwölf Jahre taz

Peter kam im August 2001 zur taz – und blieb zwölf Jahre. Bei der Abschiedsparty sagte unser Geschäftsführer Kalle Ruch, ein Mann, der in der Disziplin "Mitarbeiter-Lob" eher zum Schweigen neigt: "Ich habe große Hochachtung vor dir, Peter Scheibe!"

Und der grinste und sagte: "Aha? Schön, schön."

Er war unser allererster "hauseigener" Justiziar. Wir werden ihn vermissen. 

Gaby Sohl