Personalkrise bei Bayern München: Jahrmarkt der Spekulationen
Vor dem Spiel gegen Mönchengladbach interessiert beim wankenden Branchenprimus der Bundesliga-Alltag kaum. Stattdessen wuchern die Spekulationen um Spieler und Trainer.
Jupp Heynckes entfuhr ein kurzer, etwas irritierter Lacher - etwa so, als habe man ihn gerade um einen Beitrag zur Debatte über die Relativitätstheorie gebeten. Dabei war die Frage naheliegend. Schließlich hatte Uli Hoeneß ja erst Anfang der Woche verkündet, er werde Heynckes um Rat ersuchen bei der Trainerfrage. Also: Hat Hoeneß sie schon konsultiert? Heynckes lacht und sagt: "Es geht jetzt erst einmal um vier Wochen und fünf Spiele, sonst um gar nichts."
Doch so einfach ist das natürlich nicht. Denn diese vier Wochen mit fünf Spielen werden nicht nur vom Bundesliga-Schlussspurt geprägt sein, sondern auch mindestens genauso von der Frage, was danach kommt. Die ersten Namen sind schon in die Runde geworfen. Der Kicker berichtet, Louis van Gaal sei erster Kandidat für den Trainerposten. Der knorrige Niederländer hat gerade AZ Alkmaar zur niederländischen Meisterschaft geführt und sieht das als Sprungbrett, mit 57 Jahren noch einmal höhere Aufgaben zu übernehmen. Er selbst hatte kürzlich verlauten lassen, sich ein Engagement bei Vereinen wie Real Madrid oder Bayern München vorstellen zu können.
Zudem soll Christian Nerlinger, erst von Klinsmann als Teammanager eingestellt und dann am Beschluss zu dessen Entlassung beteiligt, zum kommenden Jahr die sportliche Verantwortung von Manager Uli Hoeneß übernehmen. Ihm würde dann ein Fachmann für Marketing und Sponsoring zur Seite gestellt.
Von unmittelbarer sportlicher Relevanz für den Rest der Saison und somit auch von Interesse für Jupp Heynckes dürfte hingegen die Personalie Franck Ribéry sein. Der Franzose offenbarte zuletzt mit lustlosem Gekicke und korrespondierender Körpersprache mal wieder erhebliche Motivationsprobleme. Es wirkt, als sinke seine Motivation, noch ein Jahr in München zu fristen, minütlich. Hinzu kommt, dass er nun wieder beginnt, öffentlich über einen Abschied zu fabulieren. Im Winter hatte Ribéry sich bereits mehrmals in diese Richtung geäußert und damit gewaltige Unruhe an der Säbener Straße gestiftet - bis er irgendwann einsichtig wurde und ankündigte, sich zu seiner Zukunft nicht mehr zu äußern.
Nun aber zitierte ihn die französische Zeitung LEquipe mit den Worten: "Es wäre schwer für mich zu bleiben, wenn wir nicht unter die ersten zwei kommen." Das Blatt ist dank eines eigenen Korrespondenten in München stets gut informiert, wenn es um den divenhaften Franzosen geht. Und nun, da der 26-Jährige gerade seine erste Saison in der Champions League hinter sich hat, will er die Gewissheit haben, künftig immer auf dieser Bühne zu spielen. Und die kann ihm Bayern derzeit nicht bieten.
Da passt die Kunde, die am Freitag aus Spanien drang. Die in Barcelona ansässige Sportzeitung El Mundo Deportivo berichtet, Ribérys Berater habe sich mit Vertretern des FC Barcelona auf Ibiza getroffen und dabei folgende Lösung ausgeheckt: Ribéry wechselt nach Katalonien, im Gegenzug überweist Barcelona 25 Millionen Ablöse an den FC Bayern und überstellt zudem Mittelfeldspieler Aleksandar Hleb. Der Weißrusse ist seit einem Jahr in Barcelona, bekommt aber nur geringe Einsatzzeiten. Die Bayern haben Hleb schon seit Jahren auf der Beobachtungsliste. Nun, da die Karriere des 28-Jährigen in Barcelona einen Knick bekommen hat, wäre ein Schritt zurück, also in die Bundesliga, durchaus plausibel.
Zumindest am Samstag gegen Borussia Mönchengladbach aber wird Ribéry keine Rolle spielen. Nach seiner gelb-roten Karte vor einer Woche ist er gesperrt. Ebenso wenig stellt sich für Heynckes die Frage, welchen Torwart er aufbietet. Denn der von Klinsmann abgesägte Michael Rensing ist noch verletzt. Aber der trägt sich mit Abschiedsgedanken. Sollte er nächste Saison nicht in verantwortlicher Position eingeplant werden, dann werde er Bayern verlassen. Dem Magazin der Süddeutschen Zeitung sagte Rensing: "Nummer zwei will und werde ich definitiv nie mehr sein." Für ihn geht es auch jetzt schon in den nächsten vier Wochen um viel mehr als um die nächsten fünf Spiele.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!