■ Personalie: Müllexport mit Chef
Georg Fischer, technischer Geschäftsführer der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR), will nach Brandenburg wechseln. Der BSR-Chef, so erfuhr die taz aus gut informierten Kreisen, bewirbt sich bei dem Brandenburger Deponie-Betreiber Meab (Märkische Entsorgungsanlagen-Betriebsgesellschaft) um den dortigen Chef-Sessel. Aufsichtsratsvorsitzender Wolfgang Benkert bestätigte, daß auf der morgigen Sitzung des Aufsichtsrats die Besetzung sowohl des technischen und des kaufmännischen Chefpostens auf der Tagesordnung stehen. Fischers Interesse an dem Job der von Berlin und Brandenburg gemeinsam betriebenen Gesellschaft ist pikant. Als Westberlin seinen Haus- und Sondermüll zu DDR-Zeiten auf Umlanddeponien abkippte, war Fischer bereits Chef bei der BSR. Der umweltpolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Hartwig Berger, wirft Fischer vor, trotz seines Wissens über fehlende Basisabdichtungen und dem undichten Becken der Giftmülldeponie Vorketzin weder die DDR zu umweltschützenden Sicherheitsvorkehrungen gedrängt, noch die Haus- und Sondermülltransporte eingestellt zu haben. Wichtigste Aufgabe der Meab in den kommenden Jahren ist nun ausgerechnet die Sanierung der Deponien Schöneiche, Vorketzin und Deetz. Die Reparatur soll Berlin und Brandenburg zwischen 1,2 Milliarden und drei Milliarden Mark kosten. Berger hält Fischer auf Grund der Erfahrungen aus der Vergangenheit für diese Aufgabe „total ungeeignet“. Auch nach Maueröffnung, so Berger, habe Fischer die Politik der Müllkutscher („Aus den Augen, aus dem Sinn“) betrieben und sich statt für ökologische Abfallkonzepte für die Müllverbrennung eingesetzt.
Fischer steht aber mit seinem Wunsch nach Wechsel nicht alleine da, wird hinter den Kulissen getuschelt. Der für Betriebe zuständige Staatssekretär Ingo Schmitt (CDU) wolle den BSR- Chef in Brandenburg „deponieren“, weil die Geschicke der Stadtreinigung künftig Jürgen Chibiorz leiten soll. Chibiorz war von 1982 bis 1988 Fischers Stellvertreter, wechselte dann aber auf den Chef-Sessel der Hamburger Stadtreinigung. Bei der Privatisierung der BSR wird Chibiorz wohl mehr zugetraut als Fischer.
Darüber hinaus soll Fischer als Meab-Chef Berliner Interessen wahren. Ein Großteil der Sanierungskosten sollen nämlich durch die Berliner Müllgebühren finanziert werden. Der Senat hat an teuren Entsorgungspreisen aber kein Interesse. Ihr „Strohmann“ könnte eine allzu offensive Sanierungspolitik der Deponien bremsen oder verhindern.
Fischer und Schmitt waren für Stellungnahmen nicht erreichbar. Ersterer ist in Urlaub, letzterer auf Dienstreise. Dirk Wildt
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