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Archiv-Artikel

Parteien im Kommunalwahlkampf: B90/Grüne Bereit für Regierung oder Opposition

Nach Jahren der Opposition im Kölner Rat sind Bündnis 90/Die Grünen seit 18 Monaten gemeinsam mit der CDU an der Regierung. Das schwarz-grüne Bündnis, das nach dem geplatzten Verkauf der GAG-Wohnungsbaugesellschaft mitten in der Legislaturperiode die CDU/FDP-Koalition ablöste, erregte bundesweit Aufsehen.

Während die politischen Auguren schon über ein neues politisches Modell für Land oder Bund spekulierten, hatten die Kölner Grünen ganz andere Probleme. „Für uns bedeutet es viel mehr Arbeit“, beschreibt Fraktionschefin Barbara Moritz die Folgen des Machtwechsels in der viertgrößten Stadt Deutschlands. Außerdem sei es immer leichter in der Opposition, weil man nur seine Positionen vertreten müsse. Bei der Umsetzung politischer Ziele gebe es aber keine einfachen Rezepte. „Für die Grünen war es schwer, Kompromisse zu finden“, sagt Moritz.

Dennoch hat die Spitzenkandidatin der Kölner Bündnisgrünen Lust an der Macht bekommen. Seit zehn Jahren sitzt die in Bonn geborene Moritz bereits im Rat. Bei der letzten Wahl errang die Stadtentwicklungsexpertin sogar ein Direktmandat. Ihre Partei schaffte knapp 16 Prozent und wurde mit 14 Sitzen drittstärkste Fraktion. Die unpopuläre Sparpolitik in Bund, Land und auch in Köln schadet der Ökopartei offenbar nicht. Moritz sieht die grüne Politik durch die aktuellen Umfragen bestätigt. Die sehen die Grünen bei 18 Prozent in Köln.

Die ehemalige Befürworterin der Rotation will denn auch weiter mitmischen. Anderthalb Jahre schwarz-grüne Koalition sei sehr wenig Zeit gewesen, um Perspektiven zu entwickeln. Außerdem wirkten viele Beschlüsse erst zeitversetzt. Aber die grüne Fraktionschefin sieht jetzt schon Erfolge: Die GAG sei durch das Wirken der Grünen neu aufgestellt. Durch den Bau neuer Wohnungen werden die Mieten künftig gedrückt. Eine Privatisierung des Wohnungsbaukonzerns lehnen die Grünen weiterhin kategorisch ab. „Wir wären ja bescheuert, wenn wir unsere Haltung dazu ändern würden“, bekräftigt Moritz.

Auch das neue Flüchtlingskonzept bewertet die 53-Jährige positiv. „Nach der Wahl müssen wir an die Umsetzung“, ist die Grüne voller Tatendrang. Mit der neuen grünen Sozialdezernentin Marlis Bredehorst habe sich ihre Partei zudem den Einfluss auf die städtische Sozialpolitik gesichert. Angesicht des „sozialen Umbaus“ und Hartz IV sei dies ganz wichtig.

Moritz gesteht auch Fehler grüner Politik ein. So hätten sie bei den Horten und Ganztagsgrundschulen zu viel sparen wollen. Es sei immer bitter zu kürzen. „Aber es führt kein Weg daran vorbei“, zeigt Moritz unmissverständlich die künftige Marschrichtung grüner Haushaltspolitik auf.

Der Kölner Filz ist der Politikerin ein Dorn im Auge. „Diese geschlossene Gesellschaft muss aufgebrochen werden“, fordert Moritz. Der Markt müsse auch für andere Investoren geöffnet werden. Das Wort „Esch-Fonds“ nimmt sie dabei nicht in den Mund. Die Gretchenfrage nach dem künftigen Koalitionspartner beantwortet die grüne Fraktionschefin strategisch: „Alle Optionen sind offen.“ Es müsse möglichst viel grüne Politik in einer Koalition umsetzbar sein. „Wenn das mit keinem klappt, gehen wir auch wieder in die Opposition.“Thomas Spolert