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Panter Preis

Panter Preis-Nominierte V Ackerland in Bürgerhand

Die BioBoden Genossenschaft kauft seit 2015 landwirtschaftliche Flächen und verpachtet sie dauerhaft zu günstigen Konditionen an Öko-Betriebe.

Gemeinsam stark: das BioBoden-Team in Rothenklempenow Foto: BioBoden Genossenschaft

Von JOACHIM GÖRES

taz Panter Preis, 09.09.22 | Die Bodenpreise für landwirtschaftliche Flächen klettern in die Höhe. Viele Öko-Betriebe können sich steigende Pachten oder Kaufpreise nicht mehr leisten. So ging es auch der Produktivgesellschaft Dannenberg aus Falkenberg in Brandenburg, als vor drei Jahren ihr Pachtvertrag auslief.

„Die Übernahme der auslaufenden Pachtfläche hätten wir uns als Käufer nicht leisten können“, sagt Skadi Petermann, Prokuristin des Dannenberger Biohofes. „Und auch die normalen Pachten sind für uns nicht erschwinglich, da immer mehr Finanzinvestoren, die mit Landwirtschaft nichts zu tun haben, die Bodenpreise in die Höhe treiben.“ Da kam die BioBoden Genossenschaft ins Spiel: „Sie hat die rund 140 Hektar Ackerland für uns gekauft und uns zu einem relativ moderaten Pachtpreis überlassen.“

taz Panter Preis

Der taz Panter Preis wird von der taz Panter Stiftung vergeben - zum dritten Mal in Folge an Menschen, die sich für einen verantwortungsvollen Umgang mit der Klimakrise engagieren. Dieses Jahr geht es unter dem Motto „Klima für Gerechtigkeit“ um einen Klimaschutz, der sozial gerecht gestaltet wird.

Es ist ein ungewöhnliches und nachhaltiges Modell: Die BioBoden Genossenschaft kauft seit 2015 landwirtschaftliche Flächen oder auch komplette Höfe und verpachtet sie dauerhaft zu günstigen Konditionen an Bio-Betriebe. Möglich wird dies durch die rund 6.500 Mitglieder der Genossenschaft, die bisher Anteile zu je 1.000 Euro erworben und damit den Kauf von bislang 4.500 Hektar Land finanziert haben. Den Ge­nos­s:in­nen wird keine Dividende ausgeschüttet, sondern stattdessen die Förderung der ökologischen Landwirtschaft versprochen.

„Derzeit gibt es einen Generationswechsel auf den Höfen. Wir wollen junge Land­wir­t:in­nen in die Lage versetzen, ohne Kapital Flächen ökologisch zu bewirtschaften“, sagt BioBoden-Sprecher Jasper Holler. Jede Woche gebe es Anfragen von Höfen, ob BioBoden nicht Acker- und Grünland erwerben und günstig zur Verfügung stellen könne.

Boden der Spekulation entziehen

„Wir sind keine Landinvestoren, sondern eine Initiative, die sich auf Anfrage von Land­wir­t:in­nen gegründet hat. Dabei sind wir nicht bereit, die Bodenpreise im Wettbewerb mit anderen Bietern in die Höhe zu treiben“, stellt Holler klar. „Wir werden aktiv, wenn wir einem Betrieb durch eine Landsicherung sinnvoll und langfristig helfen können.“ Das Grundproblem: Mehr als 60 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland sind nicht Händen von Landwirten. Das Ziel von BioBoden: So viel Boden wie möglich der Spekulation entziehen und für eine nachhaltige Landwirtschaft sichern. Das Motto: Ackerland in Bürgerhand.

Das Procedere

Eine taz-Vorjury hat sechs Kandidat:innen ausgewählt. Vom 17. September bis 15. Oktober findet die Leser:innen-Wahl statt. Zudem wird ein Jurypreis vergeben. Beide Preise sind mit je 5.000 EUR dotiert und werden am 12. November verliehen. Infos: taz.de/panter.

Mittlerweile gibt es 72 Partnerhöfe in ganz Deutschland, deren Erhalt oder Vergrößerung mit Mitteln der Genossenschaft finanziert wurden. Stammsitz von BioBoden ist Rothenklempenow in Vorpommern unweit der Grenze zu Polen, wo die Genossenschaft auf einem ehemaligen LPG-Gelände ökologische Landwirtschaft in eigener Regie betreibt – mit Hofladen, Lieferservice und Bildungsarbeit. Neben dem Erhalt bestehender Öko-Betriebe fördert die Genossenschaft auch die Umstellung von konventionellen auf ökologischen Anbau.

Davon hat auch der Familienbetrieb von Volker Stens im Naturschutzgebiet Salziger See in Sachsen-Anhalt profitiert. „Wir zahlen BioBoden für die 250 Hektar einen fairen Pachtpreis – andere Verpächter nehmen deutlich mehr Geld“, sagt Stens. „Zudem haben wir mit der Genossenschaft einen langfristigen Vertrag. Das ist für uns super wichtig, weil wir 2014 von konventioneller auf ökologische Bewirtschaftung umgestellt haben.“

Dafür seien Investitionen nötig gewesen – und die rechnen sich nur, „wenn man über einen langen Zeitraum planen kann“. Heute baut Stens unter anderem Sommergerste, Sonnenblumen, Dinkel, Hafer und Weizen an. „Die Umstellung auf Bio ist besser gelaufen als erwartet. Inzwischen sind auch drei benachbarte Höfe diesen Schritt gegangen.“

Erstmals werden Überschüsse erzielt

Möglich wird das ganze Modell durch Genossenschaftsmitglieder wie Roy Johannisson. Er hat mehrere Anteile in Höhe von jeweils 1.000 Euro erworben. Der 71-Jährige, der in der Nähe von Hamburg lebt, will mit seinem Geld den Anbau von gesunden Lebensmitteln unterstützen, die frei von Pestiziden sind, und gleichzeitig etwas gegen die Spekulation mit landwirtschaftlichen Flächen tun.

Johannisson ist jedes Jahr bei der Generalversammlung, bei der die Ge­nos­s:in­nen über das abgelaufene Wirtschaftsjahr informiert werden und über grundlegende Fragen abstimmen. „Ich bin immer wieder begeistert, wie es mit der Genossenschaft vorangeht“, sagt Johannisson. „Sie hat sich sehr positiv entwickelt, es werden jetzt erstmals Überschüsse erzielt.“

Gerne nimmt er auch an Besichtigungen von Partnerhöfen teil. Seit kurzem wird ihm noch ein weiterer Service geboten: Er kann unter 80 landwirtschaftlichen Produkten der BioBoden-Partnerhöfe auswählen. Der Renner des Online-Shops: Ein Genusspaket mit Himbeerfruchtaufstrich, Biogeflügelleberwurst und Tortillachips – ein exklusives Angebot nur für Genossenschaftsmitglieder.

Infos: bioboden.de