■ Pampuchs Tagebuch: Die Homepage von Hompesch
Freiherr Ferdinand von Hompesch aus Düsseldorf ist nicht – wie Leser dieser Seite leicht vermuten könnten – der Erfinder der Homepage. Er ist vielmehr der einzige deutsche Großmeister, den der Johanniter- oder Malteserorden je gehabt hat. Der 71. und zugleich auch ihr letzter, denn Hompesch kniff 1798, nur ein Jahr nachdem er Großmeister geworden war, davor, sich mit Napoleon anzulegen, der damals die schöne Insel der Malteser auf dem Weg nach Ägypten be- und heimsuchte. Hompesch war da erst ein Jahr Chef des Ordens und hatte gerade mal einen Bogen zu seinen Ehren bauen können, womit er natürlich gegen frühere Großmeister ziemlich abstank. Jean Parisot de la Vallette zum Beispiel hatte die grandiose Festungsstadt Valletta bauen lassen, Alof de Wignacourt einen ganzen Aquädukt quer durch die Insel, und Manoel Pinto de Fonseca die Auberge de la Castille, wo heute der Premierminister Maltas sitzt. Manche Einheimischen meinen übrigens, Hompesch sei ein Spion für die Franzosen gewesen, das aber müßte natürlich überprüft werden.
Bloß wie? Ich war ja mal wieder auf Reisen, diesmal in Malta, wieder habe ich einen kleinen Film gedreht, und wieder war mein braver Laptop dabei, nebst der gängigen Literatur. Doch man ist ja modern und kann abends im Hotel noch ein bißchen nach- oder vorrecherchieren. Es galt, Hompeschs Homepage zu finden, und allein bei Altavista bin ich tatsächlich auf kaum glaubliche 50 Adressen gestoßen. Zum Beispiel www.sanandrea.edu.mt/knights/8a.html, oder Seiten der „Knights of Malta“, die allerlei Informatives zum alten Orden der Joanniter zu berichten wissen und netterweise dazu auch noch das achtspitzige Malteserkreuz als Maus-Anklickstation für weitere Hintergründe benutzt. In der Frage Hompesch nehmen die (inzwischen in Rom angesiedelten Ordensritter) eine diplomatische Haltung ein. Sie sprechen nur von „profranzösichen Fraktionen innerhalb des Ordens“ und einem „unentschlossenen Großmeister“ – Hompesch eben. Ein Link informiert über seine eilige Abreise nach Triest – nach immerhin 268 Jahren Herrschaft des Ordens auf der Insel. Dabei wird eingeräumt, daß die echten Malteser mit Hompesch nicht sehr glücklich („unhappy“) gewesen seien. Immerhin steht sein Bogen nebst einer Büste noch heute in der Nähe von Valletta, und das Städtchen Zabbar nennt sich – zumindest für die Touristen – mit Zweitnamen „Hompesch“.
All das habe ich, nebst ein paar ansprechenden Bildern – auch von Hompesch – in meinen nächtlichen Erkundungen im Netz über eine doch eher inferiore Figur der Weltgeschichte relativ schnell herausbekommen. Nicht, daß dies nun ernsthaftes historisches Studium ersetzt. Aber ich habe auch erst fünf der fünfzig Fundstellem inspiziert. Und den langen Essay mit dem geheimnisvollen Titel „The Russian connection“ – immerhin ein 82-Kilo-Paket über den Orden während der napoleonischen Zeit – konnte ich nur kurz anlesen. Ich stürzte mich dann doch lieber in das bunte Treiben auf der Insel. Wäre ich ja auch blöd, wenn nicht. Dennoch: Ein paar Nächte werde ich mir, da ich wieder daheim bin, mit Altavista und Hompesch vielleicht noch um die Ohren schlagen.
Vor den heutigen Rittern des Johannes ziehe ich aber schon mal den Hut. Im Netz schippern sie fast so flott wie weiland im Mittelmeer, und ihre Webseitenmachen als friedliche virtuelle Nachfolger ihrer so bombastischen Festungen von ehedem keine schlechte Figur. Valletta und die „Three cities“ sollte man sich aber trotzdem nicht entgehen lassen. Die echten Schauplätze sind eben doch aufregender. Thomas Pampuch
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