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■ Palast der RepublikEin leeres Blatt

Wir können es nicht mehr hören und haben es satt, darüber zu schreiben: das tägliche Bundes- und Senatschaos zum Palast der Republik. Da wird der Senat nicht müde, das Ende der sozialistischen Asbestkiste zu propagieren, um gleichzeitig zu bestreiten, daß Sanierungsmöglichkeiten geprüft wurden. Bauministerin Schwaetzer fordert gar, den Abriß in Frage zu stellen. Und während Außenminister Kinkel wieder die ganze Mitte will, pocht der Haushaltsausschuß des Bundes auf den Verzicht des neuen Außenamts oder macht den unsinnigen Vorschlag, den Kinkel in den Palazzo zu stecken. Abriß oder Sanierung, Schloß oder Neubau, Außenamt oder Amtsanmaßung; das irre Durcheinander ist offenbar und macht doch Sinn: Haben sich die Abrißfans lange Zeit durch das Auffinden einer Faser hinter dem Asbestargument verschanzt, will heute niemand mehr die Verantwortung für Erichs Lampenladen übernehmen. Die mögliche Fahrt in der finanziellen Geisterbahn von Abriß, Entsorgung und Neubau, die Reise in östliche Wahlbezirke und der Abstieg in die Niederungen der Konzeptionslosigkeit haben die Politiker aufgeschreckt. Nun tappen sie, jeder gegen jeden, ziellos auf der Stelle. Die hoffnungslose Lage wäre nicht ernst, bereiteten nicht zur gleichen Zeit fünfzig Architekten Wettbewerbsbeiträge für die zukünftige Gestaltung der Spreeinsel vor. Die Palazzo-Konfusion bedeutet für sie, immer weniger, die Interessen der Auslober zu kennen, sie immer weniger zu schätzen. Von eindeutigen politischen Vorgaben kann nicht mehr die Rede sein, von Vorstellungen ganz zu schweigen. Im Spreeinsel-Tohuwabohu können die Architekten nur noch alles falsch machen. Ein leeres Blatt wäre derzeit die richtige Antwort. Rolf Lautenschläger

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