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Archiv-Artikel

PRESS-SCHLAG Ungerechtigkeit: Nicht gerecht!

GERECHTIGKEITSDEFIZIT Der FC Bayern und Dortmund schenken Punkte her, obwohl das nun wirklich hochgradig ungerecht ist

Das sah irgendwie nach DFB-Pokal aus. Ein sich redlich abstrampelnder Fünftligist wird vom Erstligisten schier an die Wand gespielt. Der eine: hoffnungslos unterlegen. Der andere: krass dominierend. Nach den letzten Auftritten des FC Bayern gegen verschüchterte Teams aus Manchester und Leverkusen hat sich eine neue Regierungsform in der Bundesliga etabliert: die bajuwarische Suprematie. Wer da auch kommen mag, er wird hinweggefegt von Peps Wunderwuzzis. Eine Flut von Chancen schwappt über ihn. Wohl dem, der da noch den Kopf über Wasser halten kann wie die Leverkusener, die trotz eines Chancenverhältnisses von 27:5 einen Punkt retteten.

27:6 lautete das Torschussverhältnis beim Spiel der Dortmunder gegen Gladbach. Die Schwarzgelben waren vor allem in der ersten Halbzeit dem Heimteam ähnlich überlegen wie die Münchner der Werkself von Bayer, aber das Schicksal wollte es, dass der BVB sogar mit einer 0:2-Niederlage vom Platz ging. So merkwürdig kann der Fußball manchmal sein – und so ungerecht. Fußballerische Dominanz erhöht eben nur die Wahrscheinlichkeit auf einen Sieg, garantieren kann sie ihn nicht. Wenngleich man schon sagen muss, dass beide Partien in die Kategorie „Statistischer Ausreißer“ fallen dürften. So etwas passiert nicht jedes Wochenende, weswegen die Dortmunder und Bayern nicht allzu vergrätzt waren. Sie hatten nicht viel falsch gemacht. Nur die Chancenverwertung war halt mies.

Die Ungerechtigkeit des Fußballgeschäfts wird rituell beklagt. Am Wochenende war es Bayer-Kicker Simon Rolfes, der im Sinne des Gegners feststellte: „Fußball ist nicht gerecht.“ Das wusste 2006 schon der Fußballnachwuchsexperte Daniel Cohn-Bendit: „Fußball ist nicht gerecht.“ Klaus Augenthaler schrieb 2012 in der Münchner tz: „Im Fußball gib es keine Gerechtigkeit.“ Roman Horak, Professor an der Universität für angewandte Kunst in Wien und Autor zahlreicher Fußballbücher, findet überraschenderweise auch: „Im Fußball gibt es keine Gerechtigkeit.“ Der Irrtum und die Ungerechtigkeit müssten Teil des Spiels bleiben, weil das die Faszination des Spiels ausmache, fordert er. „Die Substanz (des Fußballs) ist Ungeregeltheit, schlechte Kontrolle und Ungerechtigkeit.“ Eine erschütternde Diagnose, die leider auch die von der taz-Sportredaktion bevorzugte Antwort auf die grassierende Ungerechtigkeit, die Einführung einer B-Note, unmöglich macht. Ach, was soll’s, wir machen’s trotzdem: 10 Punkte mit Sternchen für Bayern und 8 für den BVB. MARKUS VÖLKER