PRESS-SCHLAG : Verweigert, verheizt, verletzt, verdaddelt, verloren
GEMEIN! Von Beginn an keine Chance, aber die gut genutzt: das Spitzenspiel der Bundesliga aus der Perspektive eines Dortmund-Fans
Es ist erstaunlich, was alles unternommen wird, um den BVB als möglichen Meisterschaftsaspiranten – der er nach dem Wechsel von Mario Götze und der neuerlichen Aufrüstung der Bayern gar nicht ist – auch noch alle möglichen Steine in den Weg zu legen.
Das fing schon vor zwei Wochen in Wolfsburg an, als der Schiedsrichter den Dortmundern in den Schlussminuten zwei klare Elfmeter verweigerte und sie dadurch um mindestens einen, wenn nicht sogar um drei Punkte brachte. Und um ganz sicherzugehen, wurde nach der Verletzung von Neven Subotic in Wolfsburg die Restverteidigung Hummels und Schmelzer in einem ebenso unwichtigen wie überflüssigen Nationalmannschaftsfreundschaftsspiel gegen England verheizt. Plötzlich stand Dortmund im Spitzenspiel gegen Bayern München ohne Verteidigung da.
Aber in Dortmund ist man in der Kunst der Improvisation geübt, und so verpflichtete Trainer Jürgen Klopp einen alten Bekannten aus Mainzer Zeiten, den 34-jährigen Manuel Friedrich. Die Chance, mit solchen Maßnahmen gegen eine Mannschaft wie Bayern zu bestehen, wurde von niemandem als besonders groß eingeschätzt, der Partie wurde dadurch bereits vor Anpfiff die Brisanz genommen, denn das einzig Interessante war, wie sich Dortmund aus der Affäre ziehen würde. Würden sie sang- und klanglos untergehen oder sich einigermaßen achtbar schlagen?
So ließ sich immerhin eine gewisse Gelassenheit unter den Fans beobachten, denn bei einer solchen Konstellation konnte man eigentlich nur gewinnen. Und das tat man dann auch, moralisch jedenfalls, als in der ersten Halbzeit die Abwehr der Bayern vorgeführt wurde und Lewandowski, Mikhitaryan und Reus allein vor Neuer auftauchten – dort aber alle von einer plötzlichen Versagensangst gepackt wurden, weil sie wohl selbst nicht so recht dran glaubten, Bayern bezwingen zu können. Und mit jeder Chance, die Dortmund verdaddelte, rückte die Sensation in weitere Ferne.
Es war ein Spiel, bei dem man sich ziemlich sicher sein konnte, dass nach einem ersten Tor auch ein zweites und drittes fallen würden – und so war es dann ja auch, allerdings eben für die Bayern, für die der eingewechselte Götze den Dosenöffner spielte. Eine Geschichte, aus dem der Stoff für Fußballlegenden ist, „Ausgerechnet Götze“ heißt es dann. Dabei tut er nur, was sein Job ist und weshalb ihn die Bayern geholt haben.
Dortmund jedenfalls, und das ließ sich auch in diesem Spiel wieder beobachten, spielte mitreißend und spektakulär, und die Wahrscheinlichkeit, vom Zauber ihres Spiels ergriffen zu werden, ist hoch. Aber es ist kein Ergebnisfußball, wie ihn die Bayern spielen, die auch schlechte Spiele gewinnen.
Und das ist das Schöne am Dortmunder Spiel: Man weiß, auch das Spiel gegen Neapel am Dienstag, wo es um das Weiterkommen in der Champions League geht, wird wieder ein großer Abend. Ein Abend, den man um keinen Preis gegen ein Spiel gegen Viktoria Pilsen eintauschen möchte. KLAUS BITTERMANN