PRESS-SCHLAG: Der Berg ruft den Ball
■ Neuster Urlaubshit in Südtirol: Neben Bergen und Seen gibt es Europas beste Fußballer zu besichtigen
Fesch würde er aussehen, der Maier Sepp, trüge er Südtiroler Festtagstracht. Beispielsweise die aus dem Vinschgau: kniefreie Lederhosen mit breiten grünen Hosenträgern, blaue Strümpfe in derben Lederschuhen, knöchellanger offener Rock aus schwarzem Loden. Und auf dem Kopf ein breitkrampiger Hut mit goldenen Quasten. Ja, fesch würde der Maier Sepp ausschauen.
Aber würde das folkloristische Habit auch einem Roland Wohlfarth oder einem Fabrizio Ferron stehen? Beide Fußballer werden zusammen mit ihren Mannschaften in den nächsten Wochen Trainingslager im Alto Adige, in Südtirol, beziehen. Atalanta Bergamo mit Ferron, die Elf aus der Lombardei, trainiert ab dem 21.Juli in Vahrn bei Brixen, während Erich Ribbeck den Bayern im berühmt-berüchtigten Weinparadies Kaltern neue Fußballtricks beibringen will.
Südtirol, die autonome italienische Provinz in den Alpen, entwickelt sich immer stärker zu einem Zentrum der Saisonvorbereitung für Europas Elitekicker. Sparta Prag, Vizemeister der CSFR, zieht es nach Mals in den Vinschgau, der KV Mechelen hat sich in diesem Sommer für Terenten bei Brixen entschieden. Auch Wacker Innsbruck absolvierte Testspiele südlich des Brenners. Außer Bayern München trainieren weitere Bundesligaclubs in Südtiroler Dörfern, die bei deutschen Urlaubern wohl gelitten sind: der HSV in Girlan, der KSC in Deutschnofen.
Auch bei den italienischen Spitzenclubs hat es sich längst herumgesprochen, daß in Tirol gut trainieren ist. AS Roma, der AC Milan und Juventus Turin übten in den letzten Jahren in Sterzing/Vipiteno, wo heuer Cagliari zu Gast ist. Trainer Carlo Mazzone wird hier seine Neuzugänge Tejera (Uruguay) und Pusceddu (Napoli) testen. Foggia, das mit seiner spektakulären Raumdeckung für Wirbel in der italienischen Erstliga sorgte, läßt den Schweiß seiner Spieler in Sand in Taufers fließen. Sampdoria Genua, im letzten Meistercupfinale am FC Barcelona gescheitert, wird demnächst im Pustertal weilen.
Die 'Dolomiten‘, das „Tagblatt der Südtiroler“, nennt voller Stolz die imagefördernden Gründe, warum immer mehr Vereine das Land an Eisack und Etsch auswählen: „Ein ideales Klima, tolle Infrastrukturen und das richtige menschliche Verhältnis zu den Profispielern.“ Daß auch ein paar Milliönchen Lire eine Rolle spielen, erwähnen die 'Dolomiten‘ nicht. Vom 31.April bis zum 2.August tragen einige der in Südtirol versammelten Mannschaften ein Turnier in Bozen aus, um den internationalen Ferienmeister im Fußball zu küren. Reinhard Kuntzke
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