PRESS-SCHLAG: Die Schuhe sind schuld
■ Die größten Flops des Sport-Sponsoring
Manchmal hat man einfach kein Glück. Wie etwa „Gatorade“ mit seinem Lothar-Matthäus-Spot. Kaum flimmerte er über die Mattscheibe, riß sich der gute Lothar die Kreuzbänder. Nicht daß dies an dem Fitneßdrink gelegen hätte, aber irgendwie ging der „Botschaft“ der letzte Kick verloren. Dabei war der Weltfußballer des Jahres 1990 eigentlich eine sichere Bank. Andere hingegen hatten schlichtweg Pech. Mit Rudi Völler hatte „Nesfit“ einen untadeligen Sportsmann und gar neuen Kapitän der Nationalmannschaft (s.o.) verpflichtet. Dann brach er sich während der Europameisterschaft den Arm und erklärte später noch seinen Rücktritt. Auch hier läßt sich kein Schuldiger herausdeuten, aber der Werbekampagne fehlt nun doch ein bißchen der Drive.
Und dann gibt es noch diejenigen, die bekommen, was sie verdienen. Opel zum Beispiel. Die Rüsselsheimer überweisen jährlich fünf Millionen Mark an den FC Bayern. Nach eigener Aussage wollen sie mit dem Image der Bayern ihre eigene Leistungsfähigkeit ins rechte Licht rücken. Die Münchner hatten da wohl etwas mißverstanden, denn sie glichen ihre Leistungsfähigkeit statt dessen dem Image der Opel-Karossen an: biederer Durchschnitt.
Aber im Grunde ist das alles vergleichsweise harmlos. Um unter die Top-Drei der Sport-Sponsoring-Flops zu kommen, sind andere Qualitäten gefragt. Gut im Rennen liegt, wer etwa Dopingsünder oder wenigstens -verdächtige unter Vertrag hat. Klarer Spitzenreiter in dieser Kategorie ist bekanntlich das Duo Nike/Krabbe. Der amerikanische Sportartikler hatte im April 1990 ganz auf die neue weiße Sprinthoffnung gesetzt. Schließlich wollte man endgültig zum Angriff auf die feindlichen Brüder von Herzogenaurach blasen. Und dies läßt sich schlecht mit schwarzen amerikanischen Basketballstars bewerkstelligen.
Ohne lange mit sensiblen Weltathleten herumzuexperimentieren, setzte Nike auf bewährte Qualität. „Vorsprung durch Doping“, made in DDR. Die Weltmeisterschaft in Tokio brachte auch gleich den gewünschten Erfolg. Bis zu diesem peinlichen Dopingverdacht. Zwar konnten die Geschäftspartner durch allerlei Winkelzüge eine offizielle Verurteilung verhindern, dafür fehlen nun auf der Tartanbahn die Zehntelsekunden. Es wird doch wohl nicht an den Schuhen liegen? In der Konzernzentrale in Beaverton/Oregon macht man sich jedenfalls so seine Gedanken, ob der im Oktober auslaufende Vertrag noch einmal verlängert werden sollte. Mit welcher Message sollte man auch Katrin Krabbe für sich werben lassen? Vielleicht mittels einer modernen Parabel mit der Aussage: „Laß dich nicht erwischen.“
Aber es geht auch anders. Eine Geschichte, wie sie nur der Fußball schreibt. Im Mittelpunkt steht der Möllemann des Fußballs, Ankündigungsprofi Andy Möller. Sätze wie „Ich werde meinen Vertrag in Dortmund erfüllen“, „In Frankfurt zu bleiben, ist für mich eine moralische Verpflichtung“ oder „Die wahren Bösewichte sitzen in Italien“ sind nur ein kleiner Teil seines Credos. Er hat die seit Sepp Herberger einzig nennenswerte neue Fußballweisheit geprägt: Verträge sind da, um gebrochen zu werden. Sein größter Werbepartner ist — Überraschung, Überraschung — Nike!
Natürlich verlangt von Nike niemand, päpstlicher als der Papst zu sein. Schließlich hat die Marktwirtschaft gewonnen, und erlaubt ist, was Geld bringt und gefällt. Das Dumme ist nur — es gefällt keinem mehr, was der liebe Andy so treibt. Selbst bei den italienischen Meistern der Intrige haben Baron von Münchhausen und sein Intimus, der „Schwarze Abt“ Klaus Gerster, ganz schlechte Karten. Bei Nike, die gerade die zweite Position auf dem deutschen Sportartikelmarkt mit 3,2 Millionen verkauften Paar Schuhen erreicht haben, sieht man das offensichtlich ganz anders. Im Juni verlängerten sie die Partnerschaft mit dem smarten Andy um weitere drei Jahre. Stellt sich nur die Frage, mit welcher Werbebotschaft uns Nike nun den Vertragspokerkönig von Frankfurt näher bringen will. Denkbar wäre ein Sport mit O-Ton Andy Möller: „Die Nike-Soccer- Collection ist für mich eine moralische Verpflichtung. Deshalb werde ich meinen Vertrag trotz anderer Optionen erfüllen. Die wahren Bösewichte sitzen in Herzogenaurach!“
Eindeutiger Sieger im Rennen um den peinlichsten Sport-Sponsoring-Flop ist jedoch ein anderes Paar — die Werbepartner Klaus Schlappner und — gähn — Nike. Der ehemalige NPD-Landtagskandidat ist mittlerweile zum chinesischen Reichstrainer avanciert. Und Nike ist dabei. Dabei deuten sich ganz neue Aspekte des Sport-Sponsoring hinsichtlich der Lösung gesellschaftlicher Widersprüche an. Warum nicht mit diesem Slogan: „Ob Braun, ob REP, ob DVU — was bei uns zählt, das ist der Schuh. Nike.“ Matthias Kittmann
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