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PORTRÄTAngst vorm Fliegen

■ Tim Klein ist als Manager und Psychostütze schwedischer Tenniscracks dem Filzball nicht verfallen

Es ist noch gar nicht so lange her, da beherrschten Schweden das Profitennis. Nach Borg sammelten Mitte der achtziger Jahre die Herren Wilander, Jarryd, Sundström, Nyström, Karlsson Titel im Dutzend. Nach dem Absturz von Wilander reduzierten sich die skandinavischen Erfolge in den letzten beiden Jahren allein auf Stefan Edberg. Der hochgelobte schwedische Nachwuchs versandete.

In jüngster Zeit scheint sich der Trend aber wieder zu wenden. Namen wie Magnus Gustaffsson, Lars Jonsson, Christian Bergström tauchen in den Ergebnislisten immer häufiger in Viertel- und Halbfinalspielen oder sogar — wie letzte Woche in München, wo Gustafsson gewann — im Finale auf. Großen Anteil am neuerlichen Aufschwung der schwedischen Tennisriege hat deren Manager und Coach Tim Klein, ein gebürtiger Saarländer, der sein Tennisglück in Skandinavien gemacht hat. Nachdem ein begonnenes Politik- und Philosophiestudium keine Perspektive versprach, ging er als 21jähriger 1970 nach Schweden. Mit Deutschkursen hielt er sich einigermaßen über Wasser und eröffnete 1974 in Göteborg eine Tennisschule.

Man nimmt es dem kleinen, korpulenten Mann mit dem ungeheuren Redefluß auf der Stelle ab, wenn er lacht und sagt: „Viel Tennis habe ich selbst nicht gespielt.“ Klein sieht sich nicht als „Fremdenführer“, wie er seine Kollegen („Die meisten nehmen sich selbst zu wichtig“) abschätzig bezeichnet. Fast 42 Jahre alt, sieht er seine Manageraufgabe in der unmittelbaren und direkten Zusammenarbeit mit seinen Schützlingen. „Mein Erfolgsgeheimnis besteht einfach darin, daß ich Tag und Nacht für meine Spieler da bin“, erläutert er seinen obersten Grundsatz, die „Vertrauensarbeit“.

Er hat seine fünf Spieler aus Göteborg, zu denen noch David Engel und der Weltranglistenelfte Jonas Svensson gehören, als Zehn- bis Zwölfjährige in die Obhut seiner Tennisschule genommen. Nach fünf- bis neunjähriger Aufbauarbeit reist er seit 1985 als „Team Klein“ mit ihnen von Turnier zu Turnier. Allerdings nur im Auto und ausschließlich in Europa, denn der Manager hat Flugangst. Wenn seine Profis in Übersee sind, halten sie telefonisch mit ihm Kontakt.

Tim Klein versteht sich weitgehend als psychologische Stütze seines Teams. „Ich versuche alle fünf individuell zu nehmen. Mit Fingerspitzengefühl geduldig auf sie einzuwirken“, beschreibt er, wie er die Seelen seiner Leute im so nahe beieinanderliegenden Auf und Ab des Tennisgeschäfts ständig im Gleichgewicht zu halten versucht.

Er sieht sich jetzt an dem Punkt, wo er „die Früchte seiner Arbeit nach jahrelangen Investitionen zu ernten beginnt“. Seinen Teil des Verdienstes von Jonas Svensson — bis dato 1,5 Millionen Dollar an Preisgeld — hatte er bisher in die Ausbildung der anderen Spieler gesteckt. Doch Bergström (bisher 425.000 Dollar Preisgeld) und vor allem Gustafsson (775.000 Dollar) lassen nun auch Tim Kleins Kassen klingeln.

Klein ist verheiratet, hat zwei Kinder und betrachtet seinen Job nicht als Lebensaufgabe. Es klingt bereits nach Abschied vom Tenniszirkus, wenn er darüber redet, daß er nur noch so lange weitermacht, wie er seinen Jungs „privat und sozial nützlich zur Seite stehen kann“. Tim Klein philosophisch: „Man muß beim Profizirkus mal dabei gewesen sein. Ich würde es jedoch nie wieder machen.“ Doch dann schwärmt er geradezu von einer nächsten noch größeren Herausforderung: „Nach China würde ich gerne gehen und dort mit Basisarbeit Tennis populär machen.“ Karl-Wilhelm Götte

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