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PORTRAITFreundesdient in schweren Zeiten

■ Botschafter Clodomiro Almeyda genoß während der Pinochet-Diktatur Asyl in der DDR

Clodomiro Almeyda weiß, was er seinem „Gast“ schuldig ist. Chiles Botschafter in Moskau nennt Erich Honecker einen „Freund seit vielen Jahren“. Der ehemalige Staatschef der DDR, der seit der Nacht auf Donnerstag in der chilenischen Botschaft in Moskau weilt, hatte dem Weggefährten Salvador Allendes nach dessen Sturz durch die Militärs im Jahre 1973 in der DDR Asyl gewährt — von 1976 bis 1987. Almeyda war 1970 Außenminister in der Regierung des Sozialisten Allende geworden und hatte mit dafür gesorgt, daß einer der ersten außenpolitischen Akte der Allende-Regierung in der diplomatischen Anerkennung der DDR bestand. Der 68 Jahre alte Politiker, der nach dem Studium in den 50er und 60er Jahren an verschiedenen Universitäten des Landes lehrte, gehört bereits seit 1941 zur Sozialistischen Partei. In der Regierung Allende vertrat er bis zum Militärputsch im September 1973 die Außenpolitik seines Parteichefs und Präsidenten Allende. Nach der Machtübernahme der Militärs wurde Almeyda mit anderen ehemaligen Regierungsmitgliedern auf eine Insel verbannt, dann Anfang 1975 freigelassen und ins rumänische Exil abgeschoben. Almeyda und andere Regierungsmitglieder hatten zuvor versucht, in der Bundesrepublik Asyl zu erhalten. Das Land Baden-Württemberg lehnte jedoch aus Sicherheitsgründen die Gewährung des Asyls ab. Der damalige Bundesforschungsminister Hans Matthöfer bedauerte damals die Entscheidung und nannte Almeyda einen „guten, persönlichen Freund“. Für die dann ermöglichte Abschiebung nach Rumänien machte sich seinerzeit auch Hans-Jürgen Wischnewski stark — zu jener Zeit Außenamts-Staatssekretär. Spätere Stationen Almeydas waren Mexiko und Schweden.

Auch im DDR-Exil seit 1976 blieb Almeyda politisch aktiv und arbeitete als Koordinator der in einer „Front der nationalen Einheit“ zusammengeschlossenen chilenischen Exil-Parteien. In zahlreichen Erklärungen griff er immer wieder den Kurs des Pinochet-Militärregimes an. Für Aufsehen sorgte im März 1987 seine freiwillige Rückkehr noch zu Zeiten der Militärdiktatur. Aus seinem Ostberliner Exil war er über einen Andenpaß nach Chile eingereist und hatte sich den Behörden gestellt. Nach einem Gerichtsverfahren wurde Almeyda von Pinochets Schergen zu 541 Tagen Gefängnis verurteilt. Im Anschluß an die Niederlage der Diktatur beim Plebiszit vom Oktober '88 wurde er dann auf Druck der Opposition freigelassen. Mit der Rückkehr zur Demokratie und der Wahl Aylwins zum Präsidenten 1989 kam Almeyda wieder zu Amt und Würden. Hera

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