PORTRAIT: Für das Wohl des Bürgers
■ Herr Kupfer: Von der CDU-Blockflöte zum Innenminister
Alles müsse auf das Wohl der Bürger gerichtet sein. Mit diesem Satz versuchte sich Lothar Kupfer nicht nur als Landrat nach der Wende beliebt zu machen. Auch als Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern bemüht er sich seit Ende März, diesem Motto treu zu bleiben. So reiste er noch am Sonntag nachmittag nach Rostock in der Absicht, mit den Randalierern und Jubelnden ins Gespräch zu kommen. Den Ausländern aber mag er den Ehrentitel „Bürger“ nicht zuerkennen.
Kurz nach seinem Amtsantritt sprach er sich für eine „knallharte“ Änderung des Artikels16 GG aus: Mehrere tausend Asylbewerber lebten nicht in den bereitgestellten Unterkünften, sondern „treiben sich irgendwo“ herum, was zu unüberschaubaren Risiken und einem „nicht finanzierbaren Sozialhilfemißbrauch führen“ könnte.
Daß sein eigenes Ministerium für die fehlenden Unterbringungsmöglichkeiten selbst verantwortlich ist, erwähnte er allerdings nicht. Im Mai sagte er, ganz Volkes Stimme: „Für den Bürger dauert es einfach ein Stück zu lange, er sieht seine Ängste und Befürchtungen und reagiert dann so wie bei den letzten Wahlen.“
Die politische Karriere des 42jährigen begann bereits zu DDR-Zeiten: 1987 schickte ihn die Blockflöten-CDU im Ostsee-Landkreis Ribnitz-Damgarten in den Rat des Kreises. Dort war der gelernte Ingenieur für Energiefragen zuständig. Nach der Wende avancierte er bruchlos zum Landrat, und Ende März dieses Jahres machte ihn Ministerpräsident Berndt Seite wenige Tage nach seinem eigenen Amtsantritt zum Innenminister. Kupfer übernahm das Haus von Georg Diederich, der selbst gerne den Sitz des geschaßten Landesvaters Gomolka eingenommen hätte und nach Seites Nominierung zurücktrat.
In seinem Ministerium gilt Kupfer als beliebt, er selbst behauptet, daß er bei der Besetzung von Schlüsselpositionen auf Integrität achte. Ein guter Mensch also, dialogbereit, nur kritische Fragen von Journalisten mag er nicht — und sich herumtreibende Ausländer. aje
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