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Archiv-Artikel

PLACE DE PARIS Tanzbären united

Auch wenn Gauck mal wieder nervt, die Aktion ist richtig

Die Dreiergruppe ist am Auseinandergehen, die Fähnchen noch in ihren Händen, eins mit dem Logo von Berlin-Marzahn ist dabei, ein französisches, ein türkisches. „Vielleicht sieht man sich ja mal wieder“, sagt der Marzahner, „alles Gute für Sie.“

Kurz zuvor hatten auf dem Pariser Platz dermaßen viele Politiker und religiöse Würdenträger das Podium der muslimischen Mahnwache bevölkert, dass es nicht verwundert hätte, wäre es in sich zusammengefallen. So fallen nur ein paar Tropfen Regen auf den „Bundespräsidenten Wulff“, der erstaunlicherweise so protokollarisch richtig begrüßt wird, und den redenden „Bundespräsident Gauck“. Als der vom „Hass der Terrroristen, der unser Ansporn ist“, predigt, zieht man die bereits fast im Klatschen befindliche rechte Hand zurück. Ein Satz wie von entfernten, trunkenen Verwandten auf Familienfeiern: „Ein gscheiter Krieg muss her, damit wir endlich aufwachen.“

Sichtlich bewegt lässt sich eine Muslima vor dem Brandenburger Tor ablichten; nebendran spricht eine Bayerin mundartlich ins Handy: „So eine Mahnwache wegen dem Paris Dingsda … ich hab Brotzeit dabei.“ Die ganze Aktion kommt einem „clumsy“ vor, was es besser ausdrückt als das deutsche Wort „unbeholfen“. Und trotzdem ist sie richtig, auch wenn Gauck mal wieder nervt. Als die Podiumsteilnehmer sich am Ende unterhaken, stehen sie an traurige Tanzbären gemahnend vor einem. Von der französischen Botschaft weht Blütenduft, viele Schnittblumen liegen vor dem verwitterten Schild „Ambassade de la France“.

Beim Rückweg zum Rad grellt einen das Banner der Akademie der Künste an. „Nichts ist erledigt“, prangt da, und hinter der Glasfassade bildet sich bei einem Büfett eine Schlange. Manche Menschen in dieser Schlange sind verdeckt von Plakaten an der Scheibe: „Je suis Charlie“ steht darauf. Erst die Moral, dann das Fressen. HARRIET WOLFF