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Archiv-Artikel

PISA: BAYERN IST NICHT DAS BILDUNGSPOLITISCHE HAUPTPROBLEM Lasst uns über Bremen lästern

Als die Bildungsstudie Pisa im vergangenen Jahr die bayrischen Schulen zu den besten im Land krönte, geschah etwas Denkwürdiges: Alle möglichen Schlauberger inklusive der taz begannen zu schimpfen – auf die Bayern. Zwischen Main und Isar werde zu stark gesiebt, es gebe zu wenig Abiturienten, und überhaupt sei die Leistungsschule bayrischen Typs zu streng. Im Gegensatz dazu hat die bildungspolitische Debatte die Schlechtabschneider weitgehend verschont. Beim Fußball wäre das lächerlich: Da gewinnen die Bayern ebenfalls dauernd – aber die Tabellenletzten würden ausgelacht, wenn sie auf das Glück der Münchner, bestochene Schiedsrichter oder den fiesen Uli Hoeneß verweisen würden.

Und jetzt wieder die Bayern. Nach den neuen Pisa-Ergebnissen – in Wahrheit eine Vertiefung des letzten Ländervergleichs – haben die Südstaatler erneut gut abgeschnitten. So sind dort Zuwandererkinder erfolgreicher als in Restdeutschland. Und viele Haupt- und Realschüler sind in Bayern so gut, dass sie mühelos ins Gymnasium könnten. Beschäftigen wir uns diesmal nicht nur mit den Problemen der Besten, sondern – bei gleicher Vehemenz – auch mit denen der Schlechtesten.

Erstens: Lasst uns über Bremen schimpfen. Die dortigen Schulen vermitteln 35 Prozent der SchülerInnen nicht einmal elementare Fähigkeiten. Bevor also wieder kleinkarierte Kritik an Münchens und Nürnbergs Eleven laut wird, muss mit den mexikanischen Verhältnissen in der Hansestadt Schluss gemacht werden.

Zweitens: Lasst uns auf pädagogische Anspruchslosigkeit verzichten und den bayrischen Anspruch verallgemeinern, dass Schüler gefordert werden sollen. Aus einem solchen fundamentalen Bildungsstandard folgt nicht automatisch ein scharfes Auslesesystem. In Schweden oder Finnland wird nicht gesiebt und weniger benotet. Trotzdem werden dort an Schüler hohe, sprich „bayrische“ Ansprüche gestellt.

Drittens möge ein langes Schweigen herrschen – als Trauerarbeit dafür, dass an allen, sogar an den SPD-verantworteten Schulen die Kinder von Einwanderern und sozial Schwachen systematisch benachteiligt werden.

Viertens soll sich Bayern an der Leistung in der Champions League messen und nicht am Niveau von Mönchengladbachs Halbamateuren. Das bayrische Schulsystem verweigert vielen talentierten Real- und Hauptschülern das Abitur. Dagegen hilft nur die Schule für alle, etwa nach finnischem Vorbild. Wer sie nicht will, führt eben nur in der Bundesliga. CHRISTIAN FÜLLER