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Archiv-Artikel

PETER HANDKE WILL DEN HEINRICH-HEINE-PREIS NICHT HABEN Es bleibt ein Scherbenhaufen

Der Showdown fällt aus, und es war auch nicht viel anderes mehr zu erwarten: Gestern Mittag hat Peter Handke in einem freundlich-subtilen Brief an den Oberbürgermeister von Düsseldorf, Joachim Erwin, wissen lassen, dass er den Heinrich-Heine-Preis nicht annehmen werde. Er wolle seine Person und sein Werk nicht den Pöbeleien von Parteipolitikern aussetzen.

Wohlgemerkt: Handke hat einen Preis abgelehnt, für den ihn eine Jury zwar vorgeschlagen hatte, der ihm aber, nach der Debatte der letzten zwei Wochen, von den Politikern der Stadt Düsseldorf in einer Sitzung am 22. Juni höchstwahrscheinlich verwehrt worden wäre. Von einer souveränen Nichtannahme kann also keine Rede sein, sondern nur von einer richtigen und konsequenten Entscheidung Handkes, den Heinrich-Heine-Preis nach den teilweise entwürdigen Meinungsäußerungen von Politikerseite selbst im Fall eines positiven Ratsbeschlusses nicht anzunehmen.

Was bleibt: eine sowieso verfahrene Situation und ein großer Scherbenhaufen. Alle Beteiligten gehen beschädigt aus dieser Debatte um Peter Handke und den Heinrich-Heine-Preis heraus: Handke, der sich in Unkenntnis seiner Schriften beispielsweise die „Relativierung des Holocausts“ von Politikerseite vorwerfen lassen musste. Die Jury, die zum einen anscheinend überhaupt nicht bei der Sache, also Handke war. Und die zum anderen, im Fall von Sigrid Löffler und ihren Pro-Handke-Mitkombattanten, sich plötzlich mit Aussagen konfrontiert sah, wegen ihrer Entscheidungsfindung habe man es eher mit einem „Fall Löffler“ zu tun. Und natürlich auch die Düsseldorfer Politiker und einige andere wie Fritz Kuhn oder Daniel Cohn-Bendit, die sich gerade in ihren ersten Stellungnahmen zur Juryempfehlung nicht mit Ruhm bekleckerten und sich schon gar nicht mit Handke-Werkkenntnis auszeichneten, sondern größtenteils durch diffamierende Aussagen.

Darüber hinaus bleibt ein beschädigter Heinrich-Heine-Preis, der in diesem Jahr gar nicht und wohl auch nicht in Zukunft mit dieser Art von Prozedere mehr vergeben wird. GERRIT BARTELS