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Osman Engin Die CoronachronikenDas Coronadampfplaudern

Osman Engin ist Satiriker in Bremen. Er liest seine Geschichten im Radio bei Cosmo unter dem Titel „Alltag im Osmanischen Reich“. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).

Unsere Kanzlerin wird nicht müde, zu sagen: „Bleiben Sie zu Hause, gehen Sie nicht raus, werden Sie kein Oma-Opa-Mörder!“ Leider hat sie bisher mit keinem Wort erwähnt, wie wir zusammengepfercht in winzigen Wohnungen keine Partner-Mörder werden sollen. Sie selber ist bestens geschützt im Kanzleramt mit mehreren Bodyguards. Sowohl vor Corona, als auch vor Ehemann. Was soll unsereins zu Hause den ganzen Tag tun? Sollen wir etwa ständig miteinander reden?

Ich meine, soll ich mir andauernd die gleiche, höchst nervenstrapazierende Frage anhören: „Osman, sag mal, an was denkst du gerade?“ Worauf ich nur antworten kann: „Keine Ahnung, Eminanim, ich denk an nichts!“ Worauf sie sofort vorwurfsvoll kontert: „Lüg’doch nicht! Jeder Mensch denkt immer an irgendetwas!“ Worauf ich kleinlaut sage: „Das mag sein, Eminanim. Aber ich bin nicht Einstein! Ich denke nichts Wichtiges! Besser gesagt, ich denke gar nichts!“ Worauf sie wütend entgegnet, während sie die Balkontür zuknallt: „Osman, ich spüre genau, wenn du mir was verheimlichst! Eine Frau ahnt so was!“

Der Balkon ist Eminanims Lieblingsplatz. Wenn sie verärgert, eingeschnappt oder beleidigt ist, zieht sie sich sofort auf den Balkon zurück. Bei ihr heißt es nicht Kinder, Küche, Kirche, sondern Blagen, Backen, Balkon!

Wenn ich bei dem nächsten Verhör ein paar Sekunden innehalte, um mir was Bedeutungsvolles und Wichtiges auszudenken, wie zum Beispiel: „Ich zerbreche mir den Kopf, welcher der zahlreichen Corona-Impfstoffe wohl die wenigsten Nebenwirkungen hat?“, dann schimpft sie erst recht wie ein Rohrspatz: „Osman, du lügst ja schon wieder! Von wegen du interessierst dich für die Nebenwirkungen der Corona-Impfstoffe! Mich interessiert auf jeden Fall nicht mehr, was du denkst!“

Ich habe dieses Theater nun endgültig satt! Heute drehe ich den Spieß um! Genau in dem Moment, wo sie es überhaupt nicht erwartet, eigentlich erwartet sie von mir so was gar nicht, frage ich höchst interessiert: „Eminanim, sag mal, an was denkst du jetzt in diesem Moment?“

So, das hat sie nun davon! Jetzt erfährt sie am eigenen Leibe, was für eine unglaubliche Folter diese nervige Ausfragerei ist!

Aber sie lässt sich durch meine Frage überhaupt nicht schocken und plappert wie ein Wasserfall drei volle Stunden lang! Jeder Coronadampfplauderer aus dem Fernsehen würde gegen sie den Kürzeren ziehen.

„Stopp, Eminanim, Stopp, das reicht fürs Erste!“, flehe ich sie an. „Die Frage war, was du in diesem Moment dachtest. Und nicht das gesamte letzte Jahr!“

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