Osman Engin Alles getürkt: Kampfsport im Alter
Osman Engin
ist Satiriker in Bremen. Zu hören gibt es seine Kolumnen unter https://wortart.lnk.to/Osman_Coro-na. Sein Longseller ist der Krimi „Tote essen keinen Döner“ (dtv).
Meine liebe Frau Eminanim, also die zweitgrößte Nervensäge des Mittleren Orients, hat sich vorgenommen, im hohen Alter asiatischen Kampfsport zu lernen. Es ist natürlich vollkommen klar, warum sie sich zu einer brutalen Schlägerin ausbilden lässt: Sie will mich ab und zu verprügeln, wenn ihr mal danach ist!
Ich tue ganz cool, so, als hätte ich überhaupt keine Angst vor ihr: „Sag mal, Eminanim, musst du denn in deinem Alter noch so viel Geld für diesen asiatischen Schwachsinn ausgeben?“, frage ich so wie nebenbei.
„Osman, dieser Kurs ist von der Volkshochschule und kostet mich keinen Cent. Ich hätte das eigentlich schon längst machen sollen!“, grinst sie vielsagend.
Sie will mich verprügeln, ich wusste es! Sobald sie den schwarzen Gürtel hat, darf ich nicht mehr meckern – weder wegen des Essens noch weil ich auch mal die Fernbedienung haben will. Sonst springt sie mir mit ihren Knien sofort mitten ins Gesicht!
Ich war noch nie von der pädagogischen Notwendigkeit dieser sogenannten Volkshochschulen überzeugt. Oder besser gesagt, ich war schon immer dafür, dass die Volkshochschulen auf der Stelle abgeschafft werden. Was bitte schön hat die Allgemeinheit davon, wenn der Staat Unsummen von unseren Steuergeldern dafür ausgibt, dass 90-jährige Greise Altgriechisch oder Neumongolisch lernen? Oder Thailändisch und Kambodschanisch kochen können? Wer will das schon essen? Diese uralten Möchtegern-Köche werden doch den Löffel abgeben, noch bevor die kleinen Hunde im Topf gar werden.
Aber man soll die Schuld natürlich nicht immer dem Staat in die Schuhe schieben. Meine Frau Eminanim hätte sich aus diesem tausend Seiten dicken Volkshochschulkatalog für Rentner anstatt ’Wie verprügele ich meinen Ehemann?‘ auch was anderes aussuchen können. ’Koreanisch Jodeln in nur 3 Wochen‘ zum Beispiel.
„Osman, steh doch mal auf!“, brüllt sie mich am nächsten Tag an.
Ich wusste es: Früher, vor Kung-Fu, hätte sie sich nicht getraut, in diesem Ton mit mir zu reden.
„Wieso soll ich denn jetzt aufstehen, ich habe dir doch nichts getan? Lass mich bitte in Ruhe“, wehre ich mich zaghaft.
„Wir stellen jetzt die Couch da drüben in die Ecke und der Fernseher kommt hierher!“, bestimmt sie.
„Wieso denn? So ist doch viel gemütlicher“, wehre ich mich ängstlich.
„Nein, Osman, die Couch kommt jetzt drüben hin, das ist gesünder für uns alle!“
Gesünder? Will sie mich etwa krankenhausreif schlagen, wenn ich ihre Befehle nicht befolge?
„Eminanim, ich hab die Nase voll! Plötzlich willst du unsere gesamte Wohnung auf den Kopf stellen und mich hin und her schieben, nur weil du jetzt ein bisschen Kung-Fu kannst“, platze ich raus, ohne Rücksicht auf Verluste.
„Osman, du Spinner, du brauchst keine Angst zu haben, ich werde dich schon nicht verprügeln“, lacht sie sich kaputt.
„Ich lerne doch kein Kung-Fu, sondern Feng-Shui!“
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