Osman Engin Alles getürkt: Hans, der Derwisch
Der Ramadan dauert in diesem Jahr noch bis zum 1. Mai. Während des vierwöchigen Ramadans darf der gläubige Moslem von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nichts essen und nichts trinken. Nicht mal Döner oder Ayran!
Gestern bin ich mit meinem Kollegen Hans in die Türkei gefahren.
Hans hat von den „Tanzenden Derwischen“ in Konya gehört, die will er unbedingt sehen. Ich habe mir vorher nicht träumen lassen, wie toll es ist, mit Hans in der Türkei Urlaub zu machen. Durch ihn habe ich mein Heimatland erst richtig kennengelernt. In der Türkei gibt’s nicht nur jede Menge Bäume, riesige Berge und lebende Esel, sondern ringsherum sogar mehrere Meere, die bis obenhin mit Wasser voll sind.
Wenn ich ohne ihn in die Türkei gefahren wäre, dann hätte ich wie immer bei der Gurkenernte im Dorf meines Onkels helfen müssen. Aus diesem Grunde schlage ich allen Türken dringend vor: Wenn ihr in Euren Ferien wirklich Urlaub in der Türkei machen wollt, dann fahrt mit Hans. Oder nehmt irgendeinen anderen Deutschen mit.
Konya liegt mitten in Anatolien und ist dafür bekannt, dass dort sehr viele religiös-konservative Menschen leben.
Wir fuhren mit dem Nachtbus aus Istanbul und kommen am nächsten Morgen total fit in Konya an. So fit man halt mit einem leeren Magen sein kann. Nicht, dass wir etwa jetzt wegen Ramadan fasten wollen, nein, wir haben nur nichts gegessen, weil wir die ganze Strecke im Bus fest geschlafen haben.
„Du, Osman, ich habe so einen Riesenhunger, wo können wir hier frühstücken?“, fragt Hans. Unser Bärenhunger verführt uns dazu, anstelle der sich drehenden Derwische, nach sich drehenden Dönerspießen zu suchen. Aber während des Ramadans sind in Konya alle Restaurants zu.
„Osman, was ist die Spezialität von Konya?“, stammelt Hans erschöpft.
„Der Hodca ist ohnmächtig“, sage ich.
„Ist der Hodca vor Hitze oder vor Hunger ohnmächtig geworden?“, fragt er irritiert.
„Ach, nein, die Spezialität von Konya heißt so. Das sind mit Hackfleisch gefüllte Auberginen“, erkläre ich ihm.
„Die Auberginen haben’s hier aber gut. Die sind mit Hackfleisch gefüllt, im Gegensatz zu mir“, jammert er. Inzwischen befinden wir uns mittendrin in einer riesigen Menschenmenge. Wir haben die drehenden Derwische schneller gefunden als die drehenden Dönerspieße.
„Osman, wenn ich nicht gleich was zwischen die Zähne kriege, dann drehe ich durch“, stöhnt Hans und fängt an, sich mit den Derwischen zusammen zu drehen.
„Hans, mein Lieber, was ist denn los mit dir?“, rufe ich verzweifelt. Aber er hört mich nicht mehr. Er ist ein Derwisch geworden. Er fastet und tanzt mit denen zusammen. Jetzt muss er nur noch beschnitten werden.
Mein Urlaub ist dadurch natürlich im Eimer. Ich habe keine Ausrede mehr, dass ich meinen deutschen Gast rumführen muss. Jetzt muss ich doch meinem Onkel Ömer bei der Gurkenernte helfen.
Ich hasse Gurken!
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen