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Archiv-Artikel

Ortstermin: Ministerpräsident Peter Harry Carstensen weiht ein Schweinegehege ein Kinder und Tiere

Das Mädchen kennt ihr Recht auf Sekunden-Ruhm: Sie macht eine Kehrtwende auf dem frisch gefegten Weg im Tierpark Arche Warder bei Rendsburg, mustert die Gruppe wichtiger Menschen, macht flugs den Wichtigsten aus und fragt: „Kennen Sie mich noch? Ich war bei den Sternsingern.“ Peter Harry Carstensen (CDU), Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, hat nicht die geringste Ahnung, wer die Kleine sein könnte, aber er schaltet in den Wahlkampfmodus, grinst und plaudert. Kameras klicken, Mädchen und Mann sind zufrieden.

Kinder und Tiere: Der Besuch ist ein perfekter Termin für den Diplom-Agraringenieur Carstensen. Und zu einem guten Zweck: In Warder befindet sich das größte Zentrum für seltene Nutztierrassen in Europa. Statt Löwe und Luchs laufen Esel, Rinder, Ziegen durch die Gehege, sie werden gezüchtet, um die Arten zu erhalten – mit „professionellem Ziel“, wie Arche-Direktor Kai Frölich erklärt: „Wir wollen kein Streichelzoo sein, die Tiere müssen auf den Markt.“ Denn alte Rassen, so Frölich, verfügen über Eigenschaften, die in der heutigen Landwirtschaft nützlich sein können. Die Arche wird von Greenpeace betrieben und trägt sich selbst – das hört Carstensen, der Landesvater mit der leeren Kasse, besonders gern.

An diesem Tag geht es um das Turopoljer-Schwein, den neusten Besitz der Arche. Das Schwein kann schwimmen und tauchen. Dafür hat der Tierpark ein Gehege mit Teich gebaut, das Carstensen eröffnen darf – vorher scheucht er persönlich die Sauen aus ihrem Transporter.

Sievert Lorenzen, Vorsitzender des Kieler Vereins Pro Vieh, bleibt im Hintergrund. Dabei hat Pro Vieh einiges dazu beigetragen, dass das Turopoljer-Schwein in Warder plantschen darf. Pro Vieh kämpft bundesweit für bessere Bedingungen für Nutztiere. Für das Schweinegehege hat der Verein Geld gespendet, außerdem den Kontakt zu Clemens Tönnies vermittelt.

Tönnies ist Chef der Tönnies Fleischwerke, einem der größten Schlachtbetriebe in Deutschland – eigentlich nicht der geborene Partner eines Tierschutzvereins. Aber auf Tönnies lässt Lorenzen nichts kommen: „Als wir uns für die Ebermast eingesetzt haben, hat der Tönnies gesagt, das macht er längst.“

Tönnies, der den Transport der vier Schweine von Kroatien nach Warder bezahlt hat, ist ebenfalls zum Termin erschienen. Carstensen begrüßt ihn fröhlich, duzt ihn – man kennt sich seit Jahren. Lorenzen bleibt weiter im Hintergrund. Immerhin: Einen kurzen Dank hat Direktor Frölich für ihn übrig. „Na ja“, sagt Lorenzen. Unterwegs berichtet Tönnies halblaut einem Begleiter, gerade habe ein Reporter ihn gefragt, warum er sich für diese alte Rasse einsetze. Und beide lachen ein wenig.

Am Gehege warten Ministerpräsident, Presse und Besucher, dass die Schweine in den Tümpel steigen. Aber die Viecher sind widerborstig und legen keinen Wert auf Ruhm. Nach langen Minuten macht eine Sau ein paar Schritte ins trübe Wasser. Carstensen strahlt: Ein perfekter Termin. ESTHER GEISSLINGER