Oranienplatz: Frank Henkel bekommt einen Brief
Bezirksbürgermeisterin fordert vom Innensenator ein Moratorium für das Kreuzberger Protestcamp. Senat uneins. SPD setzt auf friedliche Lösung.
In die festgefahrene Diskussion über das Protestcamp auf dem Oranienplatz kommt Bewegung. In einem Brief an Innensenator Frank Henkel (CDU) hat die Bürgermeisterin von Kreuzberg-Friedrichshain, Monika Herrmann (Grüne), am Montag ein Moratorium für das Camp angeregt. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die vom Senator erarbeitete Vorlage zur Räumung des Camps bei der Senatssitzung am Dienstag nicht auf der Tagesordnung steht.
„Aber die Situation auf dem Oranienplatz wird mit Sicherheit ein Thema sein“, sagte Senatssprecher Bernhard Schodrowski zur taz. Aus SPD-Kreisen verlautete, alle Möglichkeiten zur friedlichen Lösung des Konflikts sollten ausgeschöpft werden. Eine Räumung könne nur die Ultima Ratio sein.
In den letzten Tagen konnte man den Eindruck gewinnen, Henkels Räumungsvorschlag entzweie die Regierungskoalition. Am heutigen 7. Januar wollte der Innensenator seine Senatskollegen eine Vorlage absegnen lassen, mit der er die Bezirksaufsicht an sich zieht. Nach Ablauf einer Frist von zehn Tagen hätte er das Camp ab dem 18. Januar räumen lassen können. Zur Begründung führt Henkel an, dass der Bezirk mit der Duldung des Protestcamps gegen das Grünflächengesetz verstoße. Damit macht er es sich nach Auffassung seiner SPD-Kollegen zu einfach.
Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) weigerte sich dem Vernehmen nach, seine Unterschrift unter die mitzeichnungspflichtige Senatsvorlage zu setzen. Es sei etwas merkwürdig, die Flüchtlingspolitik und den Umgang mit Menschen auf den Schutz einer Grünfläche zu reduzieren, verlautete am Montag aus dem Hause Müller.
Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) hatte angeboten, sich als Moderatorin mit Henkel und Herrmann an einen Tisch zu setzen und zu vermitteln. Henkel hatte dieses Angebot mit der Begründung abgelehnt, Herrmann habe sein Vertrauen zerstört.
Die Bezirksbürgermeisterin zeigte sich am Montag über diese Argumentation verwundert. Henkel habe seit dem Tag, an dem die Lampedusa-Flüchtlingsgruppe ein festes Quartier der Caritas bezog, kein Gespräch mehr mit ihr gesucht. „Ich hätte ihm gerne erklärt, warum wir die Schlafzelte an besagtem Sonntag auf dem Oranienplatz nicht abbauen konnten.“ Von Henkels Ultimatum habe sie aus den Medien erfahren. Ihre Forderung nach einem Räumungsmoratorium begründet Herrmann in dem Brief an Henkel damit, nur ein Dialog könne zu einer friedlichen Lösung der Problematik führen. Zur taz sagte sie: „Wenn das Ultimatum weg ist, kann das Bezirksamt die Gespräche mit den Flüchtlingen auf dem O-Platz wieder aufnehmen. Die reden mit uns zurzeit doch gar nicht.“ Ihr Ziel sei nach wie vor: „Das Infozelt bleibt. Die Schlafzelte kommen weg.“
Die Diskussion könne nicht endlos laufen, sagte der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber zur taz. Die Wohnzelte dürften kein Dauerzustand sein. „Aber auf ein, zwei Monate kommt es nicht an.“ In die Debatte um die Flüchtlingsproblematik müsse auch der Bund einbezogen werden.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links