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■ Olympias Sieger: Därääh Box-Experte, därääh melodisiertWerner Kastor (brummt eigenartig)

Manche Medienkritiker glauben, der Sender Eurosport habe den Nachteil, daß seine Berichterstatter ihre vermeintlichen Live- Reportagen zumeist aus einem Studio-Kabuff in Paris kommentieren. Es gibt aber zwei, die sich die auch für den Zuschauer offensichtliche Entfernung zwischen Kommentatoren-Platz und Live- Geschehen zunutze gemacht und einen eigenen Stil etabliert haben. Der beruht darauf, durch eigentümliche Sprechweise die Aufmerksamkeit des Publikums derart auf den unsichtbaren Kommentator zu lenken, daß die sichtbaren Bilder nur noch sekundär wahrgenommen werden. So fällt kaum mehr auf, daß das Wort

„Äh“: Werner Kastor Foto: Eurosport

nicht dort gesprochen wird, wo der Sport gemacht wird.

Werner Kastor, der Box-Experte von Eurosport, stand bisher im Schatten des Kalauer-Fetischisten Wolfgang Ley, der auf so unnachahmliche Art Wörter verschleift. Doch während des olympischen Box-Turniers nutzt Kastor jetzt die Gelegenheit, sich ins Rampenlicht zu sprechen. Kastors Stimme ist brummig und melodiös. Sein Markenzeichen ist das Wörtchen „äh“, das bei ihm aber nicht für kurzzeitiges Nachdenken steht. „Äh“ ist ein wichtiges Gestaltungsmotiv in Kastors amerikanophilem Singsang. Auf die Konjunktion „und“ folgt stets ein „äh“. Man hört aber immer nur „unte“, als habe er anderthalb Buchstaben verschluckt. Grundsätzlich taugt jeder auf einem Konsonanten endende Begriff dazu, daß Kastor ihn mittels eines angehängt „äh“ melodisiert.

Und auch ein abgebrochenes „er“ erfüllt die Funktion des „äh“ („Bei der WM iste in der Runde der letzten 16 ausgeschieden“). Nur wenn Kastor in Rage ist, spricht er unstilisiert: „Sehr, sehr eigenartig, wie die Wertung funktioniert. Das geht einfach nicht so!“ Heute brummt Kastor um 20 und 2 Uhr zu den Viertelfinals. Man bedenke: Die ARD hat mal wieder Peter Jensen, der ewigen Mumie, eine Akkreditierung verschafft! René Martens

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