Olympia-Vergabe 2016: Gold für Rio
Die Obamas haben sich in Kopenhagen für ihre Heimatstadt Chicago eingesetzt. Genützt hat es nichts: Die Spiele finden in Rio de Janeiro statt – und damit zum ersten Mal überhaupt in Südamerika.
KOPENHAGEN dpa | Historischer Triumph für Rio de Janeiro, deftiges Debakel für Chicago, schwere Niederlage für US-Präsident Barack Obama: Die 121. Vollversammlung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat am Freitagabend in Kopenhagen die Rio de Janeiro zum Sieger im Vierkampf um die Olympischen Spiele 2016 gekürt.
Zugleich schmetterten die Olympier den Versuch von Chicago und Obama ab, das bedeutendste Sportfest zum fünften Mal in die USA zu holen. Selbst die Fünf-Stunden-Blitzvisite des charismatischen Präsidenten brachte seiner Wahlheimat Chicago am Ende nicht den gewünschten Erfolg – sensationell blieb der Mitfavorit bereits im ersten Wahlgang auf der Strecke.
"Heute ist ein heiliger Tag für mich. Rio hat gewonnen, weil es Herz und Seele hat und die Einwohner liebenswürdig und großzügig sind", sagte Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva, der auf der Siegerpressekonferenz mit Sprechchören gefeiert wurde – und dann vor Freude weinte. Derweil tanzte seine Delegation durch das Foyer des riesigen Kongresszentrums und schwenkte übermütig zwei brasilianische Flaggen.
Als IOC-Präsident Jacques Rogge den Gewinner der Milliardenspiele um 18.50 Uhr bekannt gab, wollte der brasilianische Jubel kein Ende nehmen. Rio setzte sich im entscheidenden dritten Wahlgang mit 66:32 Stimmen eindrucksvoll gegen Madrid durch. Nach Chicago, das im ersten Wahlgang lediglich 18 der 94 IOC-Mitglieder auf seiner Seite hatte, war Außenseiter Tokio im zweiten Durchgang ausgeschieden.
An der Copacabana bejubelten mehr als 100.000 Menschen vor riesigen Leinwänden den Olympiasieg im fünften Anlauf. "Glückwunsch an Rio", sagte IOC-Präsident Jacques Rogge. "Die Stadt hat aus den Mängeln ihrer vorangegangenen Bewerbungen gelernt. Sie hat gewonnen auf der Basis einer sehr guten Kandidatur. Die Botschaft ist klar: Ein neuer Kontinent ist aufgeschlossen", erklärte der Belgier.
"Das ist ein großer Schritt für die Universalität der olympischen Bewegung, ein weißer Fleck auf der olympischen Landkarte ist getilgt", sagte IOC-Vizepräsident Thomas Bach. Rio habe seine Bewerbung mit einer "guten Mischung aus Emotion und Kompetenz" dargestellt".
Mit dem Votum für Rio hat das IOC die olympische Welt um Südamerika erweitert und dafür gesorgt, dass Brasilien mit der Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und den Sommerspielen nun innerhalb von zwei Jahren Gastgeber der beiden bedeutendsten Sportveranstaltungen ist. Vorgänger für eine solch außergewöhnliche Belastung waren bisher Mexiko (1968/1970), Deutschland (1972/1974) und USA (1994/1996).
Respekt für den Sieger zollte Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodriguez Zapatero den Brasilianern: "So ist Sport. Rio hatte eine tolle Kandidatur, Madrid auch, aber Rio hat gewonnen. Das tut sehr weh."
Nach dem Zuschlag für Rio sieht Münchens Oberbürgermeister Christian Ude die deutsche Bewerbung um die Winterspiele 2018 gut im Rennen. "Mit der Entscheidung des IOC, die Sommerspiele 2016 nach Südamerika zu vergeben, hat die Münchner Bewerbung um die Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018 alle Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss", erklärte Ude am Freitagabend.
Einen regelrechten Schock lösten das Ausscheiden Chicagos in der US-Metropole aus. Tausende Menschen, die sich schon am Morgen auf dem Daley-Square eingefunden hatten, um dort auf die Nachricht aus Kopenhagen zu warten und zu feiern, reagierten zunächst mit ungläubigem Schweigen, dann mit einem lauten Seufzen. "Das ist unfassbar. Chicago wäre ideal gewesen", sagte A.D. Frazier, einer der leitenden Organisatoren der Olympischen Spiele in Atlanta 1996.
Der mächtigste Mann der Welt musste nicht mehr vor Ort miterleben, dass sein Einfluss zumindest bei den olympischen Sportfunktionären begrenzt ist. Obama war längst auf dem Rückflug nach Amerika, an Bord der Air Force One informierte er sich über das für Chicago niederschmetternde IOC-Votum.
Dabei hatte der Stargast aus dem Weißen Haus in Kopenhagen alles gegeben, aber selbst das Händeschütteln mit fast 50 IOC-Mitgliedern zahlte sich nicht aus. Die Abfuhr droht Obama nun auch innenpolitisch zu schwächen.
Olympische Spiele in seiner Heimatstadt Chicago würden "das beste Amerika zeigen. Ein weltoffenes Land, in dem sich die Besucher aus aller Welt willkommen fühlen" würden, sagte der US-Präsident in seiner neunminütigen Rede. Es gehe darum, das "Bild von Amerika wieder herzustellen". Dieses Argument war nicht stark genug, um das Duell mit Brasiliens Präsidenten Lula da Silva zu gewinnen. "Es ist Zeit, das Ungleichgewicht zu beenden. Die Spiele gehören allen Kontinenten", hatte Lula betont.
Eindrucksvoll illustrierte Rio diese Forderung durch eine Weltkarte, auf der verzeichnet war: 30 Sommer- und Winterspiele in Europa, 12 in Nordamerika, 5 in Asien und 2 in Ozeanien – aber null in Südamerika und Afrika. Die Stadt am Zuckerhut will 14 Milliarden Dollar in Infrastruktur und Wettkampfstätten investieren.
Sechs Kreuzfahrtschiffe sollen die Hotelknappheit lösen helfen und für 8000 Gäste Platz schaffen. Eröffnungs- und Schlussfeier sollen am 5. und 21. August im legendären Maracana-Stadion steigen. Lula hat den IOC-Mitgliedern versprochen: "Es werden unvergessliche Spiele. Sie werden Ihre Entscheidung nicht bereuen."
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