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Archiv-Artikel

Ohne Protest kein Dialog KOMMENTAR VON MALTE KREUTZFELDT

Brandanschläge und Terrorvorwürfe, Krawallängste, Blockadeankündigungen und Demonstrationsverbote: Die Proteste gegen den G-8-Gipfel bestimmen die Nachrichten. Dabei gerät vieles ziemlich durcheinander – bei Behörden und Medien ebenso wie bei den G-8-KritikerInnen selbst.

Die angezündeten Autos in Hamburg und Berlin haben zwar mit Terrorismus nichts zu tun, aber es sind eindeutig Straftaten. Dass die Polizei in diesen Fällen ermittelt, ist eine Selbstverständlichkeit; dass die OrganisatorInnen der G-8-Proteste mit ihnen nichts zu tun zu haben wollen, ebenfalls. Wenn nun aber die Sicherheitsbehörden die Brandanschläge als neue Rechtfertigung für die weiträumigen Demonstrationsverbote rund um Heiligendamm verwenden, schießen sie weit übers Ziel hinaus. Sie konstruieren einen Zusammenhang, wo es keinen gibt.

Das Gleiche gilt für Teile der G-8-KritikerInnen: Die panische Angst einiger entwicklungspolitischer Organisationen, mit irgendeiner Form von Regelverstoß in Verbindung gebracht zu werden, ist durch die „Terror“-Debatte noch verstärkt worden. Selbst an der Mobilisierung für die Großdemonstration in Rostock beteiligen sie sich nur verhalten. Dafür gibt es keinen Grund. Demonstrationen sind keine Verbrechen, sondern ein Grundrecht. Und selbst bei den angekündigten Sitzblockaden auf den Zufahrtswegen nach Heiligendamm handelt es sich nicht um Straftaten, sondern allenfalls um Ordnungswidrigkeiten – die in einer langen Tradition von Friedens- und Antiatombewegung stehen.

Die Vorstellung, dass das Entwickeln von inhaltlichen Alternativen und der Dialog mit der Politik wichtiger sind als der Protest auf der Straße, führt in die Irre. Die NGOs beziehen die Legitimation für ihre wichtige Arbeit von der sichtbaren Unterstützung vieler Menschen. Und auch die oft befürchtete Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Medien – Proteste oder Inhalte – gibt es nicht. Im Gegenteil: Gerade wenn viele Menschen aktiv sind und es dabei möglicherweise Konflikte gibt, kommt die Frage auf, worum es dabei eigentlich geht. Kreativer Protest und sachlicher Dialog schließen sich nicht aus – sie bedingen einander.