Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Wer bei der Berlinale die Hommage an den japanischen Regisseur Nobuo Nakagawa verpasst hat, bekommt im Arsenal noch einmal die Gelegenheit, Versäumtes nachzuholen. Nakagawa, dessen Karriere von den 30er- bis in die 80er-Jahre reichte, gehörte zu jener Sorte Regiehandwerker, die sich in nahezu jedem Genre zurechtfinden. Er drehte Komödien, Kriminalfilme und Sozialdramen – doch am bekanntesten wurden unzweifelhaft seine Horrorfilme, die man vielleicht am besten mit jenen des Italieners Mario Bava vergleichen kann: Von besonderer Logik sind die Geschichten nicht unbedingt beseelt, dafür besitzen die Filme jedoch einen sehr ausgeprägten Stilwillen. Das gilt auch für „The Mansion of the Ghost Cat“ (1958), in dem ein Fluch aus Japans Feudalzeit das Leben einer kranken Frau in der Gegenwart bedroht: Aus der schwarzweißen Jetztzeit springt Nakagawa in eine farbige Vergangenheit (und wieder zurück), und atmosphärischer Schrecken (Dunkelheit, Regen, hallende Schritte) wird abgelöst von einer Welt der bewegten Farbe, in der die Charaktere aufgrund des Zaubers in wahnwitzige Raserei und delirierenden Todestaumel verfallen.
Um „Metropolis“ und seine Folgen geht es in den kommenden Wochen im Zeughauskino. Von Fritz Langs berühmtem Stummfilm, der im Lauf der Zeit immer wieder verstümmelt und verfälscht wurde, fehlen etwa 30 Minuten, die wohl als unwiederbringlich verloren gelten müssen. Eine jüngste, vom Filmhistoriker Enno Patalas verantwortete Rekonstruktion, die am Freitag als „DVD-Studienfassung“ erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wird, macht nun auch die Fehlstellen in ihrer zeitlichen Dimension erfahrbar; an den entsprechenden Stellen ist die für Piano arrangierte Originalmusik von Gottfried Huppertz mit Informationen zu den verlorenen Stücken des Films unterlegt. Die 20 Minuten kürzere Rekonstruktion aus dem Jahr 2001 mit einer Orchestereinspielung von Huppertz’ Musik zeigt das Zeughauskino heute und am Sonntag. Darüber hinaus zeigt eine Filmreihe, in welcher Weise sich andere Filmemacher direkt oder indirekt von Langs Zukunftsvisionen inspirieren ließen. Ein erster Höhepunkt ist dabei das in einer restaurierten Kopie laufende Science-Fiction-Musical „Just Imagine“ (1930) von David Butler, in dem ein Mann, 50 Jahre nachdem er vom Blitz getroffen wurde, in einem futuristisch gestalteten New York wieder erwacht und sich nicht recht an das neue Leben gewöhnen kann (Fr., So.).
Ein bildmächtiges Heldenepos: Mit „Alexander Newskij“ (1938), einem Drama um den gleichnamigen russischen Fürsten, der Mitte des 13. Jahrhunderts bei Nowgorod das weitere Vordringen deutscher Ordensritter stoppte, machte Sergej Eisenstein einerseits eindeutig Propaganda gegen Nazideutschland und formte andererseits den Fürsten im Sinne Stalins zu einem Kämpfer für die Einheit Russlands. Highlight des Films ist eine spektakuläre Schlacht auf dem zugefrorenen Peipussee, bei der die übergewichtigen deutschen Ritter mit Pferd und Rüstung auf dem Eis einbrechen und elend ertrinken. LARS PENNING