Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Einen kongenialen Mitstreiter für seine moralischen Komödien fand Billy Wilder in Jack Lemmon, der den Durchschnittsamerikaner verkörperte, wie ihn Wilder sah: nicht unsympathisch, jedoch ziemlich gedankenlos, wenig feinfühlig und vor allem leicht verführ- und korrumpierbar. In „Avanti, Avanti!“ (1972) gewinnt Lemmon dieser Figur eine neue Nuance ab: Als Wendell Armbruster jr., Vizedirektor eines Großkonzerns, gehört er erstmals zur Hautevolee – zumal ihm der Chefposten winkt, nachdem Armbruster senior bei einem Autounfall auf Ischia das Zeitliche gesegnet hat. Wendell soll die Beerdigung organisieren, doch auf Ischia angekommen, wird der arrivierte Spießer mit ihm gänzlich unverständlichen Dingen konfrontiert: ausgedehnten Siestazeiten, bürokratischen Hindernissen, einem komischem Kaffee namens Espresso sowie mit der drallen Engländerin Pamela Piggott (Juliet Mills). Deren Mutter hatte, wie sich schnell herausstellt, seit zehn Jahren ein Verhältnis mit Papa Armbruster, mit dem sie auch gemeinsam ums Leben kam. Die beiden Personen, die nun aufeinander treffen, könnten kaum verschiedener sein: Wendell ist ein hektischer, unsensibler Pragmatiker, Pamela eine sentimentale Romantikerin. Und doch weiß man sofort, wohin das alles führen wird: in ein Arrangement, das dem ihrer Eltern gleicht. Mag die Dialog- und Situationskomödie auf den ersten Blick auch harmlos und heiter erscheinen, so wird hier doch ein böser Krieg der Geschlechter geführt, in dem sich Wendell immer wieder als eine unfasslich bigotte und verklemmte Krämerseele erweist.
Die literarische Vorlage des Science-Fiction-Abenteuers „Zathura“ (Regie: Jon Favreau) stammt von Chris van Allsburg und bedient sich der gleichen Grundidee wie sein 1995 mit Robin Williams verfilmter Roman „Jumanji“: Zwei Kinder finden ein altes Spiel, dessen Ereignisse alsbald zur Realität werden. An die Stelle des Dschungels von „Jumanji“ tritt in „Zathura“ das Weltall: Die ständig streitenden Brüder Danny und Walter müssen sich in ihrem Haus mit Meteoritenschauern, einem mordlüsternen Roboter und fiesen Zorgonen herumplagen. Dabei erweist sich das Quasi-Remake letztlich interessanter als das Original – nicht zuletzt, weil die Spezialeffekte erheblich besser und die Abenteuer nicht so verworren sind.
Anders als Bert Brecht, der mit seiner Musikparabel „Die Dreigroschenoper“ vornehmlich Antikapitalistisches im Sinn hatte, interessierte sich Regisseur G. W. Pabst in der gleichnamigen Verfilmung von 1931 weit mehr für die Atmosphäre des fiktiven Soho, wo Mackie Messer seinem Tagewerk nachgeht: Verräucherte Spelunken und plüschige Bordelle in heruntergekommenen Gassen werden suggestiv in Szene gesetzt, dabei erweist sich die Kamera für einen frühen Tonfilm als äußerst beweglich. Das Zeughauskino zeigt am 21. Mai verschiedene Versionen der „Dreigroschenoper“: Neben der deutschen ist auch eine französische Fassung von Pabsts Film zu sehen, ferner stehen eine Radiobearbeitung und Wolfgang Staudtes Film (1962) auf dem Programm. Lars Penning