Off-Kino : Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
Es beginnt mit einem nachempfundenen, überaus dynamischen Werbespot für Sheffield, die Perle des britischen Nordens: „eine Stadt im Aufbruch“, dank Stahlindustrie. Schnitt – 25 Jahre später: Die Werkhallen sind verwaist, einige Arbeitslose versuchen, einen rostigen Stahlträger zu klauen. Wenn hier ein Vater seinem Sohn einen tollen Vorschlag für eine gemeinsame Unternehmung machen will, dann sagt er: „Komm mit zum Arbeitsamt. Da ist es lustig.“ Dass es dort tatsächlich heiter zugeht, ist die Überraschung in der Komödie um die Ex-Stahlarbeiter, die, inspiriert von den „Chippendales“, eine Männer-Striptruppe gründen. Dass die Herren nicht unbedingt mit Luxuskörpern gesegnet sind, stört dabei kaum – wichtiger ist, dass die Protagonisten den Kampf gegen ihre Hemmungen, die eigenen Machoallüren und den allgemeinen Spott gewinnen. Regisseur Peter Cattaneo inszenierte „Ganz oder gar nicht“ (1997) mit mächtig trockenem Humor und vor allem ohne jede Larmoyanz – bei allem gebührenden Ernst, der einem dann doch immer wieder vermittelt, dass Arbeitslosigkeit kein Witz ist.
Don Lockwood (Gene Kelly) ist verliebt. Gerade hat er seine Freundin Kathy (Debbie Reynolds) nach Hause gebracht, und sie hat ihn zum Abschied geküsst. Und auch die finsteren Wolken, die über seiner Karriere als Kinostar zu schweben schienen, weil sein erster Tonfilm bei einer Preview gnadenlos durchgefallen war, haben sich in Wohlgefallen aufgelöst. Nur der nächtliche Himmel über Hollywood bietet noch dunkles Gewölk, von dem sich der glückselige Schauspieler allerdings nicht stören lässt: In strömendem Regen klappt er seinen Schirm zu, lässt sich den Wasserstrahl aus einer Regenrinne in den Nacken laufen und patscht übermütig in riesigen Pfützen herum, „just singin’ and dancin’ in the rain“. Bis heute wird der Tänzer mit dieser Szene voller Lebensfreude und Optimismus identifiziert, die Kelly und Stanley Donen für ihre amüsante Kino-im-Kino-Geschichte „Singin’ in the Rain“ (1952) drehten – es ist wohl die berühmteste Musiknummer eines klassischen Hollywood-Musicals überhaupt.
Angesichts der momentanen Kofferbombenhysterie kommt ein Film, der zum entspannten Umgang mit dem islamistischen Terror rät, gerade recht: In Paul Weitz’ böser Komödie „American Dreamz“ landet Omar (Sam Golzari), ein potenzieller Selbstmordattentäter aus dem Irak, erst in den USA, dann in der Castingshow von Martin Tweed (Hugh Grant), weil er amerikanische Musicals sowieso deutlich mehr liebt als den Märtyrertod. Kompliziert wird die Sache, als auch der US-Präsident in der Show auftreten soll und Omars ehemalige Terrorkumpels die große Chance wittern. Der politische Aspekt der Geschichte wird mit dem als eine Art Daniel Küblböck des Terrorismus durch die Show irrlichternden Iraker eher trashig-komisch als ernstlich-satirisch abgehandelt, doch die zynischen Mechanismen von Castingshows legt der Film ebenso offen wie die hemmungslose Gier nach Ruhm und Einschaltquoten – und erzählt uns dabei etwas über unsere Gesellschaft. Lars Penning