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Archiv-Artikel

Off-Kino Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

Roger Vadim war zunächst Assistent des Regisseurs Marc Allégret gewesen und hatte als Journalist für die Zeitschrift Paris Match gearbeitet, ehe er 1956 mit „…und immer lockt das Weib“ seinen ersten eigenen Film drehen konnte. Vom Thema her ein eher altmodisches Melodram um ein hübsches junges Mädchen zwischen mehreren Männern, das hemmungslos die Kindfrau-Attraktivität seiner Hauptdarstellerin, Vadims damaliger Gattin Brigitte Bardot, ausbeutet, unterschied sich Vadims Film vom herkömmlichen französischen „Qualitätskino“ doch in einem Punkt ganz wesentlich: Hier wurde kein Vorwand mehr benötigt, um Sexualität und Sensualität auf die Leinwand zu bringen. Und davon besaß die junge Bardot zweifellos genügend, wie die Szenen von ihrem spektakulären barfüßigen Mambotanz belegen. Ohne Heuchelei, „ohne jeden Zynismus und ohne Provokation“ habe Vadim in seinem Film „auf die Karte des Realismus, des Lebens“ gesetzt, schrieb etwa François Truffaut in seiner Kritik zu „…und immer lockt das Weib“ und rückte das Werk damit in die Nähe zur Nouvelle Vague. Die ging schließlich sicher größere inhaltliche und stilistische Wagnisse ein, doch Vadims Film war ein Stück weit ein Vorbild und – auch das darf man nicht außer Acht lassen – hatte den Kinoproduzenten bewiesen, dass man mit „jungen“ Filmen auch gute Geschäfte machen konnte.

Intellektuellen Anspruch und Erfolg beim Publikum unter einen Hut zu bringen, gelingt nicht jedem. Der aus Taiwan stammende Regisseur Ang Lee schafft es immer wieder, wie man jetzt in einer Retrospektive seiner Filme im Filmmuseum Potsdam erfahren kann. Dazu gehört auch das Meisterwerk „Eat Drink Man Woman“ (1993), eine Gesellschaftskomödie, in der ein Esstisch zum letzten Refugium familiärer Kommunikation avanciert. Die drei Töchter eines alten Kochs fühlen sich nämlich verpflichtet, an jedem Sonntagabend bei ihm zum Essen zu erscheinen – auch wenn sich die Frauen so manches Mal davor gern drücken würden. Doch der Tisch ist eben der einzige Ort, an dem die Familie noch miteinander redet: Und so wartet dauernd irgendjemand mit irgendwelchen bislang gut gehüteten Geheimnissen auf, die der Geschichte immer wieder überraschende Wendungen verleihen, die Ang Lees Film mit lakonischem Witz zu erzählen weiß.

Australische Befindlichkeiten, überzeugend präsentiert in einem kleinen Musik-Drama: Getragen von melancholischer Folkmusik erzählt Rachel Perkins’ „One Night the Moon“ die auf Tatsachen beruhende Geschichte einer Suche nach einer verlaufenen weißen Farmertochter. Da der in seinem Rassismus verblendete Vater jedoch dem besten Spurensucher, einem australischen Ureinwohner, die Mitwirkung an der Suche untersagt, wird das Mädchen schließlich nur noch tot geborgen. Die Dialoge des Films sind zugunsten der Songs auf ein Minimum reduziert, die Lieder charakterisieren die Figuren und verdeutlichen deren Einstellungen: „This land is mine“ singt der Vater voller Stolz, derweil der Ureinwohner kontrapunktisch dagegen setzt: „This land is me.“ LARS PENNING

„…und immer lockt das Weib“ 3.–5. 12. im Lichtblick

„Eat Drink Man Woman“ (OmU) 1.–3./5. 12. im Filmmuseum Potsdam

„One Night the Moon“ (OmU) 3.–4. 12. im Arsenal