■ Ökolumne: Frauenmacht? Von Mechthild Jansen
Ökologie- und Friedens- und Frauenbewegung prägten die achtziger Jahre – und die letztere die ersteren. Umweltschutz und Friedenspolitik gelten als weiche und utopische Themen. Frauen schienen auf sie geeicht. Sie waren aber auch stets stärker berührt von den Folgen zerstörerischer Politik. So war die Basisarbeit der Bewegungen stark von ihnen getragen. Sie politisierten dabei sowohl ihre Bezugnahme zum Thema als daß sie auch die politischen Alternativen radikalisierten. Krieg und Gewalt wurde zusammen mit Geschlechterspaltung im Verhältnis von Innen und Außen, Zerstörung der Umwelt im Kontext von Arbeits- und Produktionsweisen gesehen.
Mittlerweile sind die Bewegungen in der Gesellschaft institutionalisiert, integriert oder segmentiert. Die Ökologiebewegung ist aufgestiegen zu einem eigenen politischen Metier. Die nunmehr gesellschaftlich anerkannten ökologischen Notwendigkeiten sind in konkrete und selbstverständliche Realitäten umzusetzen. Die Arbeit wird professionalisiert, entideologisiert und relativiert. Machbarkeit, Expertentum und Effizienz sind gefragt, Hierarchien rehabilitiert. Mit dem Ende geschlossener Systemtheorien ist auch die Reflexion politischer Alternativen geschrumpft.
Der Spielraum der Frauen ist gleichzeitig erweitert und verengt. Zwischen ihrer quantitativen Beteiligung und ihrem qualitativen Einfluß besteht ein auffallender Widerspruch. Ihre politische Massenbasis finden ökologische Anliegen immer noch mehr bei Frauen als bei Männern. Auch im Arbeitsalltag der Umweltorganisationen bilden sie die Mehrheit und den aktiveren Teil der Mitglieder und Beschäftigten. In den politischen Funktionen und zur Spitze hin reduziert sich ihr Anteil fühlbar auf 25 bis 35 Prozent. Ihre Themen sind Müll, Tierschutz, Kinder, Atomenergie, Öffentlichkeitsarbeit und Verwaltung. Im Schnitt haben die Frauen kein bewußtes Selbstverständnis als Frauen. Es gibt kaum mehr eine spezielle Frauengruppe. Die kritische feministische Blickerweiterung wird nur noch im Einzelfall praktiziert, Quotierung nicht gefordert.
Frauen sind selbstverständlicher und selbstbewußter überall dabei, letztlich aber in der traditionellen Rolle. Frauen „sind“ Natur. Ihnen obliegt die unbezahlte und mühsamere Arbeit – Abfallbeseitigung und alternative Alltagsbewältigung. Sie sind Gefahrenanzeigerinnen und schützen den Nachwuchs. Sie beschäftigen sich eher mit einzelnen Inhalten als mit großen Zusammenhängen und Machtpositionen. Dabei wird ihr Unterschied unsichtbarer und bewußtloser. Seine Folgen fürs Ganze werden verhindert. So hat ihre Beteiligung insgesamt wenig verändert. Männer bleiben die Übersetzer ins Ganze und Strategische. Sie bestimmen weiter die Regeln und konstruieren die Kampagnen. Ihre Tätigkeit verlangt den ganzen Mann.
Ein feministisches Ziel war, Frauen in der Politik als ganz normale Wesen existieren zu lassen. Was aber hindert Frauen, ihre offenkundig vorhandenen eigenen politischen Ansprüche nicht radikaler einzufordern? Die Lebensmöglichkeiten von Frauen sind nach wie vor begrenzter als die der Männer. Viele sind von einer peu-à-peu-Veränderung überzeugt. Die Vielfalt der Frauen ist schwer zu organisieren. Untereinander schwanken sie zwischen bloßer Konkurrenz oder verkleisternder „Liebe“. Manche bevorzugen, ständig überlastet, letzte Nischen und Schonräume, anderen ist die bloße Machtausübung zu dumm, Zeitverschwendung. Den Wettbewerb unter systematisch ungleichen Bedingungen gehen viele gar nicht erst ein. Diese Gründe enthalten Hinweise auf andere Perspektiven.
Vor allem muß Arbeit umverteilt, geschlechtsspezifische und hierarchische Teilung aufgehoben werden. Anderes Arbeiten und Leben sind nötig. Der schonendere und nachhaltigere Weg von Veränderung mag in der Tat in systematisch offen und fehlerfreundlich geregelten Organisationsweisen, Verhandlungspraxen und Reformversuchen liegen. Frauen könnten streitbar kooperieren, um äußere Entwicklungsschranken durch die Umgestaltung sozialer Fakten abzubauen, ohne deshalb exklusive Beziehungen zu allen Frauen zu haben. Kreatives Lernen hieße, nicht nur Anpassung an eine Männergesellschaft zu üben, sondern innovativ zu sein. Zum Beispiel Macht zu teilen und darüber deren absurde und schädliche Seiten wie Kontrollzwang, Schachern, Aussitzen, Erstarren und Bürokratismus zu minimieren.
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