Obamas Nahost-Beauftragter Mitchell: Gewaltverzicht als Prinzip
Im Nordirland-Konflikt verdiente sich George Mitchell den Respekt beider Seiten als unerschrockener Vermittler. Jetzt setzt Obama in als Nahost-Sondergesandten ein.
Mit Konflikten kennt er sich aus. George Mitchell, der vom US-Präsidenten Barack Obama Mittwoch Abend zum neuen Sondergesandten für den Nahen Osten ernannt wurde, war Architekt des nordirischen Friedensprozesses, der nach vielen Rückschlägen schließlich zur
gemeinsamen Regierung der ehemaligen Erzfeinde führte. Später, im Jahr 2000, untersuchte er im Auftrag von US-Präsident Bill Clinton die Ursachen der Gewalt im Nahen Osten.
Daran kann er nun anknüpfen, denn schon damals verlangte Mitchell von Palästinensern und Israelis den Gewaltverzicht. Darüber sollte eine von beiden Seiten akzeptierte internationale Friedenstruppe wachen. Die israelische Regierung forderte er auf, die Blockade der palästinensischen Gebiete aufzuheben und den Bau von Siedlungen zu
stoppen. Von den Palästinensern erwartete er, dass sie mit Terroranschlägen in Israel aufhören.
In Nordirland erwarb sich Mitchell den Respekt aller Seiten, weil er sich im Gegensatz zu den britischen Regierungen nicht von den Drohgebärden der protestantisch-unionistischen Politiker, die für den Verbleib der Provinz bei Großbritannien kämpfen, einschüchtern. Auf der anderen Seite konfrontierte er auch die Irisch-Republikanische Armee (IRA) und bewegte sie zur Ausmusterung ihrer Waffen. Damals legte er seine "Mitchell-Prinzipien" vor, sechs Grundlagen für Gewaltlosigkeit und Demokratie.
Seine Mutter, Mintaha Sahd, war 1920 aus dem Libanon nach Maine ausgewandert und heiratete den irisch-stämmigen George Mitchell Senior, der als vierjähriger Waise von libanesischen Auswanderern adoptiert worden war und als Portier im Colby College arbeitete. Mitchell kam 1933 zur Welt und wuchs in den Slums von Bangor im Staat Maine auf. Nach dem College finanzierte er sein Jura-Abendstudium als Gutachter einer
Versicherung. 1954 bis 1956 war er in Berlin stationiert und arbeitete für die US-Spionageabwehr.
Mitchells politischer Mentor, Senator Ed Muskie, holte ihn 1962 in sein Team. 1980 kam die Teheraner Geiselkrise. Außenminister Cyrus Vance trat zurück, Muskie ersetzte ihn, und Mitchell fand sich auf Muskies Senatorenposten wieder. 1988 wurde er mit der Rekordmehrheit von 81 Prozent wiedergewählt und wurde Mehrheitsführer im Senat. 1994 heiratete er seine frühere Tennislehrerin, die heute 49-jährige Heather MacLaclan, und übernahm Direktorenposten bei Disney, Xerox und Federal Express.
Nun hat er wieder mit dem früheren britischen Premierminister Tony Blair zu tun, der im Auftrag der UN, der USA, der EU und Russlands als Vermittler im Nahen Osten arbeitet. Mitchells Ernennung untergräbt Blairs Rolle, doch der sagte, er freue sich auf "die Erneuerung der engen und produktiven Beziehung" aus nordirischen Zeiten. Obwohl es
viele Gemeinsamkeiten gibt, unterscheidet sich die Situation im Nahen Osten von der in Nordirland in den neunziger Jahren doch erheblich, so dass Mitchell seine damalige Strategie nicht einfach kopieren kann.
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