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Archiv-Artikel

ORTSTERMIN: SCHLESWIG-HOLSTEINS SPD-SPITZENKANDIDAT TORSTEN ALBIG REIST DURCHS LAND Reden über das Zuhören

Von EST

Die Entdeckung der Langsamkeit ist Teil des Programms: Die Politiker hörten nicht genug zu, sagt Torsten Albig, und er wählt seine Worte mit Bedacht. Beim Leben „in Berlin und in anderen Welten“ gehe die Nähe zur Realität verloren, sagt der amtierende Kieler Oberbürgermeister und designierte Spitzenkandidat der SPD in Schleswig-Holstein.

Die Welt, in die er sich an diesem Sommerabend begibt, ist das Museum für Tuch und Technik in Neumünster. Mit ihm sind etwa 30 Leute da, überwiegend Generation 50 plus. Albig will mit ihnen reden, aber vor allem will er zuhören und darüber reden, warum er zuhören will. Denn: „Ich weiß nicht auf alles Antworten.“ Albig sitzt im Stuhlkreis neben Carsten Kock, Allzweck-Moderator des Radiosenders RSH. Hinten im Raum sitzt Ralf Stegner, der Landesparteichef.

Irgendwie fühlt sich die Szene an wie schon mal erlebt: Den ganzen Winter bereits reisten Albig, Stegner und zwei weitere Bewerber durchs Land, auf Casting-Tour um den Spitzenposten. Auch da ging es um Gespräche mit dem Wahlvolk, und ein paar Mal moderierte Carsten Kock. Jetzt ist aus der Kandidatensuche der Vorwahlkampf geworden, und Albig reist weiter: Das Format des „Demokratie-Sommers“ sei neu und jung, sein Gesprächsangebot ernst gemeint, sagt er. Aber er weiß auch: „Man muss die Leute erstmal daran gewöhnen.“

Es ist Sommer, und damit die klassische Reisezeit für Politiker in der Vorwahlkampfzeit. So sind auch Albigs Konkurrenten im Land unterwegs: Christian von Boetticher (CDU) etwa besuchte unter dem Motto „Heute für morgen – die Generationentour 2011“ über 40 Stationen, war schon im Kinderhaus, im Knast, in einer Klinik. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Robert Habeck macht eine „Sommerreise in die Revolution“ und hat bei der Suche nach „verschütteten Spuren des 1840er-Aufstandes“ der Schleswig-Holsteiner gegen Dänemark schon mit dem dänischen Generalkonsul Plundergebäck gegessen.

Für Torsten Albig ist es der vierte Termin seiner laufenden Tournee, und jede der Veranstaltungen sei anders gewesen, berichtet Kock: Bei einem der Treffen hatte der Spitzenkandidat davon gesprochen, die Zahl der Landesbediensteten massiv zu kürzen, sofort gab es Proteste und Spott von Schwarz-Gelb. In Neumünster nun drehen sich die Gespräche um politische Bildung in Schulen, um die Frage, ob künftig ländliche Regionen abgehängt werden.

Und um hohe Mieten auf Sylt: Die Insel solle ruhig etwas unattraktiver werden, damit die Preise sinken, meint eine Besucherin. Albig gibt zu, er habe es noch nie als Frage von Arm oder Reich angesehen, ob das Land die Sandaufschüttungen vor Sylt bezahlt – aber er wollte ja auch etwas Neues lernen. EST